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Betrieb & Gewerkschaft

Demonstration gegen die Tarifeinheit?

Von Jakob Schäfer | 14.02.2015

Wenn es nach dem Fahrplan der Regierung geht, dann wird am 26. März in zweiter und dritter Lesung das Tarifeinheitsgesetz verabschiedet. Höchste Zeit also, den Widerstand zu verstärken.

Vom DGB ist keine Gegenwehr zu erwarten. Im Gegenteil: Der DGB und fünf seiner Einzelgewerkschaften (alle außer ver.di, GEW und NGG) wollen dieses Gesetz. Sie meinen nämlich, dass ihnen in den jeweiligen Betrieben (bzw. Branchen) ein Vertretungsmonopol zusteht. So wollen sie sich Mitglieder und BeitragszahlerInnen zur Finanzierung ihres Apparats (und der üppigen Vorstandsgehälter) sichern. Nur so ist überhaupt verständlich, wieso sie sich 2010/2011 (damals noch zusammen mit ver.di) vor den Karren der BDA hatten spannen lassen und gemeinsam mit dem Spitzenverband des Kapitals einen Gesetzentwurf zur Einführung der Tarifeinheit formuliert hatten.

Eindeutiges Urteil der ArbeitsrechtlerInnen

Nach Vorlage des Gesetzentwurfs hat die Bundestagsfraktion der Partei Die Linke ein Gutachten bei Wolfgang Däubler in Auftrag gegeben. Däubler ist seit vielen Jahren unter GewerkschaftskollegInnen der am meisten anerkannte Arbeitsrechtler. Sein Gutachten liegt seit Kurzem vor und es ist in jeder Hinsicht ausgezeichnet, weil es fein säuberlich die Argumentation von Kabinett und Kapital auseinandernimmt und darlegt, dass mit diesem Gesetz demokratische Grundrechte ausgehebelt werden sollen, nämlich das der Koalitionsfreiheit und des Streikrechts. Nachzulesen und runterzuladen ist es unter: http://www.labournet.de/?s=Däubler.

Auch Detlef Hensche (ehemals Vorsitzender der IG Druck und Papier, der späteren IG Medien) hat das Gesetz unter die Lupe genommen und für die Rosa Luxemburg-Stiftung eine Broschüre geschrieben: „Hände weg von Koalitionsfreiheit, Tarifautonomie und Streikrecht.“ (http://tinyurl.com/pf74f5v). Schließlich gibt es noch den Juristenaufruf, für den weiter Unterschriften gesammelt werden: http://tinyurl.com/o64voyc.

Die Gewerkschaftsvorstände interessieren sich aber gar nicht für diese Gutachten. Sie wissen selbst, dass dieses Gesetz einen schwerwiegenden Eingriff in die gewerkschaftliche Organisationsfreiheit und in das Streikrecht bedeutet. Aber ihnen sind die bürokratischen Interessen wichtiger als die Verteidigung uneingeschränkter gewerkschaftlicher Aktionsfreiheit. Dass sie schwache bis gar keine Argumente haben, zeigt sich auch daran, dass der IGM-Vorstand seinen Hauptamtlichen verboten hat, sich gegenüber Mitgliedern kritisch zu diesem Gesetz zu äußern. Und sogar die Arbeitsrechtler, die im Auftrag der IGM Schulungen durchführen, sind gehalten, sich mit negativen Kommentaren zurückzuhalten. Dies könne nämlich „Konsequenzen für ihre weitere Beschäftigung im Auftrag der IGM“ haben.

Was tun?

Auf Einladung des Bündnisses „Hände weg vom Streikrecht – für volle gewerkschaftliche Aktionsfreiheit“ (www.streikrecht-verteidigen.org) tagte am 24. Januar in Kassel eine Aktionskonferenz zur Beratung der Aktionsmöglichkeiten. Über 40 KollegInnen kamen zu dem Schluss, dass eine Schippe draufgelegt werden muss, wenn wir überhaupt noch was erreichen wollen. So wurde beispielsweise kritisiert, dass ver.di zwar (zs. mit NGG und GEW) eine Unterschriftensammlung durchführt, aber dies nur sehr lau betreibt. Notwendig wären aktive Sammlungen in den Betrieben unter allen KollegInnen und nicht nur ein Rumschicken des Textes im Internet an die FunktionärInnen.

Die kleinen Gewerkschaften bewegen sich nicht

Aber auch die sogenannten „Spartengewerkschaften“, also die, die als erste betroffen sein werden, wollen außer Protestnoten und der Vorbereitung von Verfassungsklagen nichts Nennenswertes unternehmen. Dies ist eine gefährliche Entwicklung, denn wenn das Gesetz erst mal durch ist, dann hat es in jedem Fall eine disziplinierende Wirkung. Wann und ob überhaupt das Bundesverfassungsgereicht das Gesetz kippt, weiß keiner.

Bleibt also die Organisierung einer zentralen Kundgebung, besser noch einer Demonstration. Die Aktionskonferenz hat deswegen beschlossen, noch mal auf die GDL und auf ver.di zuzugehen und zu versuchen, sie zu einer gemeinsam zu organisierenden Demo zu bewegen.

Für den Fall, dass keine dieser Organisationen (die größte Hoffnung haben wir bei der GDL) sich bewegt, dann will das Bündnis für den 14. März zu einer solchen Demo aufrufen, und zwar dann in Frankfurt. Aktuelleres dazu wird das labournet.de bringen.

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