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Brasilianische ArbeiterInnenpartei (PT): DissidentInnen gründen neue Organisation

Von joe hill | 01.02.2004

Auf einer Konferenz in Rio de Janeiro am 19. Januar wurde eine neue Organisation unter dem Arbeitstitel  Sozialistische und Demokratische Linke gegründet, welche sich als Bewegung für eine neue ArbeiterInnenpartei versteht. Die  PT hingegen hat sich von einer klassenkämpferischen und sozialistischen ArbeiterInnenpartei zu einer ordinären sozialdemokratischen Formation entwickelt.

Auf einer Konferenz in Rio de Janeiro am 19. Januar wurde eine neue Organisation unter dem Arbeitstitel  Sozialistische und Demokratische Linke gegründet, welche sich als Bewegung für eine neue ArbeiterInnenpartei versteht. Die  PT hingegen hat sich von einer klassenkämpferischen und sozialistischen ArbeiterInnenpartei zu einer ordinären sozialdemokratischen Formation entwickelt.

Auf der von den bürgerlichen Medien "kaum bemerkten" Versammlung waren anwesend: neben den aus der PT (Arbeiterpartei) ausgeschlossenen Abgeordneten Luciana Genro, Heloisa Helena (Mitglied der brasilianischen Sektion der IV. Internationale) und Joao Batista Baba auch bekannte Intellektuelle wie der Schriftsteller Leandro Korner (der im Dezember seinen Austritt aus der PT erklärt hatte), führende GewerkschaftsaktivistInnen wie Luiz Carlos Lucas von der LehrerInnengewerkschaft ANDES, VertreterInnen der sozialen Bewegungen wie der Landlosen- und der Studierendenbewegung und Angehörige der ehemaligen PT-Prominenz wie der ehemalige Abgeordnete Milton Temer. Der vierte ausgeschlossene PT-Abgeordnete, Joao Fontes, war aufgrund seiner Teilnahme am WSF verhindert. Bei der Versammlung wurde ein Statut beschlossen und ein Dokument mit dem Titel „Für eine sozialistische und demokratische Linke" vorgestellt, welches die Debatte über die neue Partei vorantreiben soll.

Nächste Aufgabe soll zum einen der Aufbau von Basisstrukturen und Einrichtungen wie Büros in den einzelnen Bundesstaaten sein. Um sich als Partei legalisieren zu lassen und um an Wahlen teilnehmen zu können, müssen 400.000 Unterschriften gesammelt werden, was aber nicht weiter schwer fallen dürfte. Ebenfalls in Angriff genommen wurde der Aufbau einer Jugendorganisation und die Ausarbeitung einer politischen Linie für die Arbeit in den Gewerkschaften und der ArbeiterInnenbewegung. Dabei wird ein Schwerpunkt auf die Beteiligung an den kommenden Mobilisierungen der verschiedenen Bewegungen gegen die neoliberale Politik der Lula-Regierung gelegt, so am 8. März, dem internationalen Frauenkampftag.
New PT
Die PT wächst weiterhin. Allerdings sind es nicht mehr klassenbewusste ArbeiterInnen, AktivistInnen der Landlosenbewegung oder sozialistische Studierende, die ihr beitreten, sondern Menschen, welche sich aus der Mitgliedschaft in einer Regierungspartei Vorteile versprechen. Die radikale Linke in der PT – soweit sie nicht ausgeschlossen wurde, ausgetreten ist oder sich bis hin zur Unkenntlichkeit der Parteiführung angepasst hat – wird in dieser Partei immer marginaler. Vor diesem Hintergrund ist das Resultat der Konferenz unserer brasilianischen Schwesterorganisation, Democracia Socialista (DS, welche Teil der PT ist) Ende November gelinde gesagt außerordentlich ungenügend. Mit dem Agrarreformminister Miguel Rosseto die Regierungspolitik mitzutragen und entgegen den Zeichen der Zeit zu denken, mensch könne " … wieder eine sozialistische und demokratische Orientierung …" der PT durchsetzen, kann nur noch als weltfremd bezeichnet werden. Die Entwicklung der PT hat einen Punkt erreicht, wo es für RevolutionärInnen nur noch die Möglichkeit des Bruches mit ihr und ihrer Politik gibt. Die vier aus der PT ausgeschlossenen Abgeordneten und die anderen TeilnehmerInnen der Konferenz, unter ihnen auch nicht wenige DS-Mitglieder, welche die PT verlassen haben, verdienen jedenfalls für ihren, der Verteidigung linker Positionen dienenden Schritt, unsere Unterstützung und unseren Respekt. Die Mehrheit der Delegierten der DS-Konferenz sollte sich fragen, wie es um ihre Prinzipien bestellt ist. Mit ihrer neoliberalen Politik haben Lula und die PT und mit ihnen viele "radikale Linke" innerhalb der PT jedenfalls Grenzen überschritten, welche das Areal der Kräfte markiert, die für eine andere Gesellschaft tatsächlich einstehen.

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