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Innenpolitik

Atomare Aufrüstung der BRD?

Von B.B. | 01.12.2004

Zwei völlig unabhängig voneinander erschienene Meldungen belegen das Interesse der Bundesrepublik an atomarer Aufrüstung.

Zwei völlig unabhängig voneinander erschienene Meldungen belegen das Interesse der Bundesrepublik an atomarer Aufrüstung.

Zunächst einmal berichtete die Süddeutsche Zeitung am 2. November über die „Atombombe in der Aktentasche“. Sechs Mitglieder einer achtköpfigen Kommission, die seit 1992 die Ursache häufiger Leukämie bei Kindern in Geesthacht/Schleswig-Holstein untersuchte, traten aus Protest „gegen die Verschleierungspolitik der schleswig-holsteinischen Aufsichtsbehörde“ zurück. Damit löste sich die Kommission auf.
Ihre Nachforschungen hatten ergeben, dass im September 1986 in der Gesellschaft für Kernenergieverwertung in Schifffahrt und Schiffbau mbH (GKSS) – neben dem Atomkraftwerk Krümmel gelegen – ein Labor in Flammen aufging. Dabei wurden „Spalt- und Aktivierungsprodukten, […] Plutonium und Americium, sowie […] angereichertes Uran und Thoriumderivate“ frei, so das Ergebnis der Forscher. Seitdem stieg die Leukämieerkrankung bei Kindern im Umkreis von Geesthacht an.

Die Miniatombombe

Damals wurde in der GKSS nach Meinung der Forscher an einer sog. „Atombombe in der Aktentasche“ experimentiert: „Eine millimetergroße Perle aus Plutonium 239 […] im Brennpunkt eines Ellipsoids […] angebracht, kann […] mittels eines Laserimpulses so hoch verdichtet werden, dass es zu einer Mini-Atombombenexplosion kommt“ (SZ 2.11.04). Das entspräche einer Sprengkraft von 500 bis 1000 Kilogramm TNT. „Bei einem dieser Experimente, so glaubt die Kommission, muss es im September 1986 zu einem Zwischenfall gekommen sein“.
Am GKSS-Forschungszentrum Geesthacht GmbH sind überwiegend der Bund, die norddeutschen Länder und die freie Wirtschaft beteiligt. Entsprechend ist der Aufsichtsrat besetzt. Finanziert wird die GKSS von Bund und Ländern. Klar, dass die kein Interesse an der Aufklärung der Leukämieerkrankungen haben, wenn es um ihre militärpolitischen Interessen geht.

„Die jetzt zurückgetretenen Forscher nennen die Erklärungen der Reaktoraufsicht `absurd` und `aberwitzige Widerlegungsversuche`. Unterlagen, sagt die Feuerwehr heute, seien später bei einem Brand vernichtet worden, der radioaktive Müll soll auf die DDR-Giftmülldeponie Schönberg gekarrt worden sein“.
Süddeutsche Zeitung, 2.11.2004

U-Boote für Atomraketen

Die zweite Meldung (TAZ 1.11.04) geht über die Lieferung von U-Booten als Atomwaffenträger für Israel. Israel ist mit ca. 200 atomare Sprengköpfe die sechstgrößte Nuklearmacht der Welt. Vermutlich unterstützten deutsche Kernphysiker Mitte der Sechziger Jahre am Weizmann-Institut in Rehovot Israel bei der Schaffung eigener Atomwaffen. 1999 und 2000 lieferte die HDW in Kiel drei U-Boote der Dolphin-Klasse an Israel aus. Deren Torpedorohre waren auf 650 Millimeter umgerüstet, um atomar bestückte Cruisemissiles (Typ Sub-Harpoon) abschießen zu können. Zwei der drei U-Boote wurden von der Bundesregierung mit 560 Millionen Euro voll finanziert. Ein Antrag Israels auf zwei weitere U-Boote der Dolphin-Klasse liegt dem Bundessicherheitsrat vor und ist vielleicht schon genehmigt. Die drei bereits ausgelieferten Boote sollen modernisiert werden. Beides soll durch Hermes-Bürgschaften abgedeckt sein. Mit den fünf schwimmenden Abschussrampen könnte Israel Staaten im Nahen und Mittleren Osten von zwei Seiten angreifen.

Das Interesse der BRD

Rüstungsexporte in Krisenregionen sind der BRD wie der EU verboten. Das gilt auch für die Lieferung von U-Booten an Israel. 1999 antwortete das Verteidigungsministerium auf Anfragen der Grünen im Bundestag: „Die Gründe für die Ausrüstung der U-Boote der Dolphin-Klasse mit 650 Millimeter-Rohren mit Führungsschienen für den Verschuss von Sub-Harpoon-Flugkörpern sind der Bundesregierung nicht bekannt“.
Wie die BRD beim Rüstungs- und Erfahrungsaustausch mit Israel früher dessen Wissen über den Kampf gegen Panzer der Sowjetunion nutzte, so könnte die Bundeswehr heute vom Technologietransfer in Sachen Atomraketen profitieren – im Tausch gegen U-Boote.

Israel gegen Iran

Iran will Uran anreichern. Israel will das verhindern. Im Gegensatz zum Iran hat Israel den Atomwaffensperrvertrag nie unterzeichnet. International wurde jedoch der Iran aufgefordert, bis zum 25. November sämtliche Atomprogramme offen zu legen.. Über die Atombewaffnung Israels wird Schweigen gewahrt. Ein Luftangriff Israels auf den Iran ist nicht ausgeschlossen.

 

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