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Betrieb & Gewerkschaft

Dorint Sofitel: Streiken, wenn es weh tut

Von Korrespondent Wiesbaden | 01.04.2007

Seit über 6 Monaten versucht die Gewerkschaft NGG in Hessen einen neuen Tarifvertrag hin zu bekommen. Die Gewerkschaft fordert 5,5 % mehr Lohn sowie die Fest- bzw. Fortschreibung des Manteltarifvertrags. Die so genannten Arbeitgeber im DEHOGA-Verband Hessen verweigern eine Lohnanhebung. Sie „bieten” 2,5% im „Ausgleich” für gravierende Verschlechterungen im Manteltarifvertrag:

Seit über 6 Monaten versucht die Gewerkschaft NGG in Hessen einen neuen Tarifvertrag hin zu bekommen. Die Gewerkschaft fordert 5,5 % mehr Lohn sowie die Fest- bzw. Fortschreibung des Manteltarifvertrags.

Die so genannten Arbeitgeber im DEHOGA-Verband Hessen verweigern eine Lohnanhebung. Sie „bieten” 2,5% im „Ausgleich” für gravierende Verschlechterungen im Manteltarifvertrag: Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich, Urlaubskürzung, Abbau von Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie Reduzierung der Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit.
Auf die Weigerung einen neuen Flächentarifvertrag abzuschließen reagierte die Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) seit Anfang des Jahres mit verstärkten Anstrengungen für einen „Häuserkampf”.
Miserable Bedingungen in Hotels und Gaststätten
Die Organisationsbemühungen im Hotel- und Gaststättengewerbe sind traditionell sehr schlecht, weil hier meist nur kleine Belegschaften arbeiten, oft im unmittelbaren Kontakt mit dem/der BesitzerIn oder PächterIn. Viele KollegInnen kennen sich kaum, weil sie im Schichtdienst arbeiten oder im Hotelgewerbe oft nur wenig deutsch sprechen usw. Die extrem miserablen Bedingungen, unter denen ausländische KollegInnen arbeiten, haben wir in der Avanti vom Februar 2005 am Beispiel Dorint Wiesbaden schon einmal dargelegt. Die Reinigungskräfte, die aus den baltischen Staaten in ganzen Busladungen angekarrt werden, arbeiten 15 Stunden am Tag für 700 Euro im Monat; Stundenverdienst also: 2- Euro!

Aber nicht nur die in prekären Verhältnissen arbeitenden KollegInnen verdienen miserabel. Die Bruttolöhne der „normal” Beschäftigten fangen bei 1044 Euro an und z. B. ein Koch erhält mit FacharbeiterInnen-Ecklohn trotz schlechter Arbeitszeiten gerade mal 1645 Euro brutto.

Es ist den Sekretären im hiesigen Bezirk der NGG hoch anzurechnen, dass sie mit ihren Bemühungen für die Durchsetzung eines Tarifvertrages keine Mühe scheuen und der Konfrontation nicht ausweichen. So wurde wenige Tage vor dem Treffen der EU-„Verteidigungs”minister in Wiesbaden im Tagungshotel Dorint eine Urabstimmung organisiert. 100% der gewerkschaftlich organisierten KollegInnen stimmten für Streik! Und am 2. Tag der Ministertagung (2. März) sind dann auch tatsächlich 45 (von insgesamt 105 im Haus beschäftigten KollegInnen) in den Streik getreten. Zwar konnte das Management aufgrund der Vorwarnung den Service im Haus sicherstellen,  aber: Die Auswirkung war beträchtlich. EU-weit wurde berichtet, dass das Ministerhotel bestreikt wurde. Das Renommee drohte dermaßen zu leiden, dass man sich schon nach wenigen Stunden entschloss, die bei Streikbeginn ausgesprochene Aussperrung wieder aufzuheben und ankündigte, jetzt in Verhandlungen einzutreten.

Die tolle Unterstützung von KollegInnen am Ort (auch aus anderen Gewerkschaften) und das breite Medienecho machen Mut. Die NGG plant jetzt bei den in den nächsten Wochen anstehenden diversen Messen in Frankfurt ausgesuchte Hotels zu bestreiken und zwar ohne Ankündigung. Aber auch hier muss die Solidarität organisiert werden, denn insgesamt bleiben die Kampfbedingungen noch sehr schwer.

 

„Battle Groups” für Angriffskrieg
Während die Hotelangestellten im Wiesbadener Dorint Sofitel im Streik standen, berieten die EU-Verteidigungsminister über „schnell verlegbare Kampfeinheiten” („Battle Groups”). Das EU-Militärkonzept soll überarbeitet werden, um die militärischen Fähigkeiten „besser aufeinander abzustimmen” und gemeinsame Kampfeinsätze „effizienter” zu machen. Ferner sollen die europäische Rüstungswirtschaft und die Militärtechnologie gestärkt werden. Das deutsche „Verteidigungs”­ministerium erklärte anschließend: „Es müssen echte Rüstungskooperationen entstehen.”
So viel zum Friedenseinsatz der Bundeswehr und so viel zur Einhaltung des Grundgesetzes. Denn schon allein das Vorhaben des Ausbaus schnell verlegbarer „Battle Groups” ist eine Vorbereitung eines Angriffskrieges. Auch die Klage der Linksfraktion vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den Tornadoeinsatz in Afghanistan wird wahrscheinlich wieder abgeschmettert werden. Die Tornados sind ja „nur zur Aufklärung” unterwegs, obwohl jeder weiß, dass sie der Zielfindung für die ISAF-Truppen dienen.

 

 

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