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Betrieb & Gewerkschaft

Lidl lässt Beschäftigte bespitzeln

Von Trixi Blixer | 01.04.2008

Journalisten von stern und stern.de haben aufgedeckt, dass Lidl Beschäftigte am Arbeitsplatz systematisch, auch über ihr Privatleben, bespitzeln ließ. Lidl hat die Überwachung inzwischen zugegeben. Der Zeitschrift stern liegen mehrere hundert Seiten von Überwachungsprotokollen vor, auf denen jeweils mit Datum und Uhrzeit notiert ist, was Angestellte während der Arbeitszeit machen und welchen Eindruck sie bei den Überwachern hinterlassen.

Journalisten von stern und stern.de haben aufgedeckt, dass Lidl Beschäftigte am Arbeitsplatz systematisch, auch über ihr Privatleben, bespitzeln ließ. Lidl hat die Überwachung inzwischen zugegeben.

Der Zeitschrift stern liegen mehrere hundert Seiten von Überwachungsprotokollen vor, auf denen jeweils mit Datum und Uhrzeit notiert ist, was Angestellte während der Arbeitszeit machen und welchen Eindruck sie bei den Überwachern hinterlassen. Es wurde u.a vermerkt, wer wie oft die Toilette besucht, wer mit wem ein Liebesverhältnis hat, wer tätowiert ist oder wer „introvertiert und naiv“ wirkt. Die Überwachung wurde von privaten Sicherheitsfirmen im Auftrag Lidls über mindestens sieben Monate v.a. in Filialen in Niedersachsen, vereinzelt auch in Rheinland-Pfalz, Berlin und Schleswig-Holstein durchgeführt.

Die Beschäftigten wussten i.d.R. von der Installation der Überwachungskameras, jedoch wurde ihnen mitgeteilt, dass es darum gehe, Ladendiebe aufzuspüren. Dass aber die KollegInnen selber im Mittelpunkt des Interesses standen (stehen), war ihnen unbekannt!

Die Lidl-Sprecherin Petra Trabert bestritt die Existenz der Überwachungsprotokolle nicht, „behauptet aber zunächst, sie dienen nicht der Mitarbeiterüberwachung, sondern der Feststellung eventuellen Fehlverhaltens´“(stern.de, 25.3.08). Als Fehlverhalten wurde bspw. protokolliert: „Frau T. telefoniert mit ihrem Freund, es geht um das gemeinsame Abendessen. Obwohl sie weiß, dass der Markt gut besucht ist und noch diverse Arbeiten zu erledigen sind, verspricht sie ihm, pünktlich Feierabend zu machen, was sie dann um 15 Uhr tut.“
Billig und Stasi
Durch die Lidl-Kampagne der Gewerkschaft sind die Geschäftspraktiken des Lidl-Konzerns und der Schwarz-Gruppe inzwischen öffentlich bekannt geworden. Auch wurde im „Schwarzbuch Lidl“ bereits ein Fall von Überwachung dokumentiert. Jedoch war bisher das Ausmaß der Überwachung und der Übergriffe auf das Privatleben nicht bekannt. Lidl gestaltet seine Preispolitik v.a. auf Kosten der Beschäftigten und der Zulieferer. So werden Millionenumsätze in den Discountmärkten gemacht und Lidl konnte innerhalb kürzester Zeit zum zweitgrößten Discounter in Deutschland aufsteigen. Die Angestellten, in den meisten Fällen Frauen in Teilzeitbeschäftigung, sehen von den Gewinnen nur wenig. Sie bekommen minimale Gehälter, und müssen dafür wie im „Schwarzbuch“ dokumentiert, oft auch unbezahlte Überstunden machen. Die Stasimethoden, das Privatleben der Angestellten auszuspionieren, bieten ein weiteres Druckmittel des Konzerns gegen missliebige KollegInnen vorzugehen. Da die allermeisten Lidl-Filialen aufgrund des Drucks der Konzernspitze immer noch betriebsratsfreie Zonen sind, fehlt auch innerhalb der Läden ein Organ der MitarbeiterInnen, dass die schlimmsten Zustände bekämpfen könnte.
Lidls Spitzelmethoden sind nicht überraschend, aber trotzdem ein echter Skandal! Um so mehr müssen die ver.di-Kampagne für Betriebsräte und die KollegInnen vor Ort unterstützt werden.
 

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