TEILEN
Betrieb & Gewerkschaft

Wie “Die Linke” in Berlin Farbe bekennt!

Von Dieter Breuer | 01.04.2008

 {mosimage}

Seit Wochen kämpfen die 12500 KollegInnen der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) für einen Ausgleich der Reallohnverluste der vergangenen Jahre. Ver.di fordert 12% mehr Lohn, aber mindestens 250 € brutto mehr für alle Beschäftigten. Nachdem die Berliner KAV keinerlei Entgegenkommen gezeigt hatte, stimmten die KollegInnen mit 97% für einen unbefristeten Streik, welcher von ver.di nach 12 Tagen am Montag den 17.3. mit Beginn der Frühschicht als Vollstreik beendet wurde.

Seit Wochen kämpfen die 12500 KollegInnen der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) für einen Ausgleich der Reallohnverluste der vergangenen Jahre.

Ver.di fordert 12% mehr Lohn, aber mindestens 250 € brutto mehr für alle Beschäftigten. Nachdem die Berliner KAV keinerlei Entgegenkommen gezeigt hatte, stimmten die KollegInnen mit 97% für einen unbefristeten Streik, welcher von ver.di nach 12 Tagen am Montag den 17.3. mit Beginn der Frühschicht als Vollstreik beendet wurde. In einer Verhandlung am Samstag den 15.3. war ver.di schon auf eine Spanne von 3 bis 9 Prozent heruntergegangen für 30 Monate unter Verzicht auf die 250 € brutto für alle! Die „Arbeitgeber“ boten eine Pauschalsumme von 20 Millionen Euro bis 2010 an. Dies wären nach Angaben von ver.di nicht einmal 3% plus. Gleichzeitig wurde bekannt, dass die BVG für eben diese nächsten 2 Jahre Preiserhöhungen im Volumen von 65 – 70 Millionen Euro plant. Weiterhin streiken nun ohne das fahrende Personal die Beschäftigten in Technik, Werkstätten und Verwaltung. Das ist ca. die Hälfte der KollegInnen.
Vorgeschichte
Vor 2 Jahren schloss ver.di den TV-N Tarifvertrag Nahverkehr ab. Er sah u.a. vor: Gehaltseinbußen bis zu 12%, Kürzung des Weihnachtsgeldes sowie völlige Streichung von Urlaubsgeld und anderen betrieblichen Leistungen. Neu Eingestellte erhalten seitdem nur 1650 € brutto im Monat, d. h. ca. 30% weniger als „Altbeschäftigte“. ver.di stimmte im Gegenzug für eine Arbeitsplatzgarantie bis 2020 damit einer Schaffung von KollegInnen zweiter Klasse zu, die nun in den Medien und vom SPD-Die Linke -Senat gegen die Altbeschäftigten ausgespielt werden.

Zitat Tagesspiegel vom 9.3.2008: „In der Linkspartei-Führung ist das Verständnis noch geringer – zumindest, was die Altbeschäftigten der BVG betrifft. Die führten ihren Arbeitskampf noch immer mit der West-Berliner Mentalität der Überversorgten und hätten offenbar nicht verstanden, wie privilegiert sie seien, hieß es.“ Genüsslich benützt die Presse Berlins diesen de­magogischen Tiefschlag von Die Linke gegen die streikenden KollegInnen. Ein Busfahrer, der aus Angst vor Repressalien nicht genannt werden möchte: „Seit fast 20 Jahren fahre ich – auch nachts und an Feiertagen. Ich habe Kinder und bin kein ehemaliger Westberliner. Und was nützt mir die Garantie, wenn der Lohn nicht zum Leben reicht. Außerdem hat in den letzten Jahren die Arbeitshetze ständig zugenommen. Welche Privilegien meinen die?“

Der stellvertretende Die Linke-Fraktionsvorsitzende Stefan Liebich fordert von den Altbeschäftigten „mehr Solidarität“ und dass „einerseits die Einkünfte der neuen und der länger Beschäftigten angenähert werden und andererseits eine sozial gerechte Tarifstruktur für die Fahrgäste gesichert und ausgebaut wird“. Wirtschaftssenator Harald Wolf (Die Linke) forderte ver.di am 17.3. auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren „und ein Resultat mit Augenmaß zu erreichen“.
Wut
Viel Wut ist unter den KollegInnen zu hören über SPD und Linkspartei aber auch über ver.di. Drei der sechs Mitglieder der Verhandlungskommission der KAV sind ver.di-Mitglieder, darunter der Personalchef der BVG Lothar Zweiniger. In Berlin sind in diesem März wohl fast alle Bereiche von ver.di in verschiedenen Arbeitskämpfen, ob die BVG-lerInnen, ob KollegInnen von Filialisten wie Lidl, Penny etc. oder aus den Krankenhäusern. Und fast immer sitzen bei den Verhandlungen Parteimitglieder von Die Linke  auf beiden Seiten des Tisches, als Vertreter von Arbeitgebern und Gewerkschaft. LeserInnen aus NRW wird dies bekannt vorkommen. In NRW ist dies gute alte SPD-Tradition. Hier in Berlin schließt Die Linke nahtlos an dieser Tradition an. Die Streikenden sind erbost darüber. Stinksauer und enttäuscht auch, dass es durch die überraschende Einigung von GDL und Bahn nicht am Montag den 17.3. zum gemeinsamen Arbeitskampf gekommen ist. Die Beschäftigten von S-Bahn, U-Bahn, Straßenbahn und Omnibus gemeinsam im Streik – in Berlin wären wirklich alle Räder still gestanden.
Keine Massendemonstration
Vorläufiges Fazit am 17.3.: Allzu bereitwillig ist ver.di trotz außergewöhnlich hoher Streik- und Kampfbereitschaft der KAV Berlin am 15.3. entgegengekommen. Dies lässt für den Abschluss Schlimmes befürchten. Bitter nötig wäre neben der Wahl von Streikkomitees in Abteilungen und Werkstätten die Organisierung einer längst fälligen Massendemonstration aller Beschäftigten, die in den verschiedenen ver.di-Bereichen im Arbeitskampf stehen, also nicht nur die KollegInnen aus dem Nahverkehr. Als Sternmarsch organisiert, würde dies auch noch den Autoverkehr lahm legen.

Artikel teilen
Kommentare auf Facebook
Zur Startseite