Solidarität mit Mamadou!

Mamadou Ba

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Portugal

Solidarität mit Mamadou!

Von Sérgio Vitorino + Terry Conway | 05.03.2021

Der portugiesische Revolutionär Mamadou Ba ist Ziel einer rassistischen Kampagne. Unter anderem fordern Rechte in einer Petition , dass Mamadou in den Senegal abgeschoben wird. Dagegen hat sich eine Solidaritätskampagne gebildet.

„Em carne e osso com Mamadou Ba“ (wörtlich: in Fleisch und Blut an der Seite von Mamadou Ba) ist der Name einer Solidaritätskampagne, an der sich innerhalb von wenigen Tagen Hunderte von Menschen beteiligt haben; sie tritt den Fake-Profilen und Bots entgegen, die von der extremen Rechten in den sozialen Netzwerken verwendet werden. Viele haben im Rahmen der Solidaritätskampagne Videos, Texte, Lieder oder in anderer Form eine gemeinsame virtuelle Antwort auf Rassismus und auf Drangsalierung von antirassistischen Aktivist*innen in Portugal gesendet.

Diese Kampagne war ein ideenreicher Lösungsansatz, um die gegenwärtigen Probleme aufgrund der Pandemie zu überwinden (das Land befindet sich seit Ende 2020 im Lockdown), und eine Antwort auf eine Petition für die Abschiebung von Mamadou, die 15.000 Unterschriften erhielt (viele davon waren falsch). An jedem Tag kommen Beiträge, die von Unbekannten bis zu namhaften Künstler*innen, Journalist*innen, Politiker*innen und Aktivist*innen reichen ‒ siehe hier: https://emcarneeosso.com/.

Mamadou Ba ist ein Genosse der Vierten Internationale in Portugal. Er ist ein schwarzer Aktivist mit jahrzehntelanger Erfahrung. Er wurde im Senegal geboren und ist vor allem in der senegalesischen Community in Portugal aktiv, hat aber die portugiesische Staatsbürgerschaft. Wegen seiner Rolle als Sprecher der antirassistischen Organisation SOS Racismo war Mamadou häufig das Ziel bösartiger Kampagnen und Drohungen seitens der extremen Rechten; das wurde von Firmen unterstützt, die Bots und falsche Profile, manipulierte Videobeiträge und Fakenews fabrizieren, um antirassistische Aktivist*innen sowie die ersten schwarzen Frauen, die in das Parlament gewählt wurden, ins Visier zu nehmen.

Was diese Petition besonders auszeichnet, ist das Echo, das ihr Schlagzeilen in den Massenmedien verschafft hat; sie hatten die rechtsextremen Narrative einmal mehr verstärkt, und das in einer Situation, in der der Kandidat der rechtsextremen Partei Chega deren Wachstumspotenzial dadurch unter Beweis stellte, dass er bei den Präsidentschaftswahlen am 24. Januar über 11 % der Wählerstimmen erhielt (im Gegensatz zu den 1,29 % bei den vorangegangenen Parlamentswahlen, dank der Chega seinen einzigen Abgeordneten erhielt).

Der Angriff auf Mamadou Ba fand im Kontext des Todes von Marcelino da Mata statt, dem höchstdekorierten Offizier der portugiesischen Armee, der in mehr als 2.000 Operationen im Kolonialkrieg in Guinea diente, von denen einige als Kriegsverbrechen eingestuft wurden und Portugal von der UNO für solche Operationen verurteilt wurde. Er war ein Guineer, der für die Kolonialmacht kämpfte. Da Mata, der mit seinen Folterungen prahlte und ein rechtsextremer Militanter war, starb am 11. Februar im Alter von 80 Jahren an den Folgen einer Covid-Erkrankung. Die CDS-PP, eine rechte Oppositionspartei, die angesichts des Aufstiegs von Chega um ihr Überleben kämpft, beantragte im portugiesischen Parlament anlässlich seines Todes eine Beileidskundgebung und forderte den Ausschluss von Mamadou Ba aus der Regierungskommission gegen Rassismus.

Mamadou Ba ist einer von vielen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die diese Ehrung eines Kriegsverbrechers, der mit dem faschistischen Salazar-Regime kollaborierte, verurteilt haben. Aber als schwarzer Aktivist ist er das Ziel der schärfsten Hasskampagne.

Auch wenn die Petition, die seine Abschiebung verlangt, keinen Erfolg haben kann, mindert das nicht die Notwendigkeit, sich mit ihm im Besonderen zu solidarisieren und diejenigen zu verurteilen, die zu rassistischem Hass aufstacheln. Zur Zeit veröffentlicht die Kampagne nur Beiträge in portugiesischer Sprache. Wie Mamadou Ba und viele andere sind auch wir der Meinung, dass „Marcelino da Mata ein Kriegsverbrecher ist, der keinerlei Respekt verdient“.

Solidarität mit Mamadou #Mamadoumuststay

25. Februar 2021

Übersetzung aus dem Englischen: Michael und Wilfried

Quelle: https://internationalviewpoint.org/spip.php?article7050; https://fourth.international/en/europe/297

Terry Conway ist Mitglied von Socialist Resistance, der britischen Sektion der Vierten Internationale.

Sérgio Vitorino ist Mitglied von Toupeira Vermelha (Roter Maulwurf), einem portugiesischen Kollektiv in Solidarität mit der Vierten Internationale.

Erklärung von SOS Racismo (Portugal)

Die politischen Positionen des antirassistischen Aktivisten Mamadou Ba, die auf der vollen Ausübung seiner demokratischen Rechte beruhen, sind immer wieder Ziel von Angriffen, die über legitime Opposition hinausgehen und in Beleidigungen, Diffamierungen und sogar Drohungen gegen seine Person münden.

Diese Eskalation des Hasses und der Intoleranz hat kürzlich ein neues Niveau erreicht, nachdem Mamadou Ba sich zu der die Öffentlichkeit und den staatlichen Ehrungen für Marcelino da Mata geäußert hat.

Wegen seiner Meinung, mit der er bei weitem nicht alleine steht (mehrere Personen und Institutionen haben die Ehrung für Marcelino da Mata verurteilt), stand Mamadou Ba im Zentrum mehrerer Petitionen, die seine Ausweisung aus dem Land forderten, eine davon mit etwa 15.000 Unterschriften.

Auch wenn diese Petitionen keinerlei rechtliche Gültigkeit haben, sind ihre Auswirkungen in den sozialen Netzwerken und in den Massenmedien besorgniserregend. Sie zeigen:

► die Durchlässigkeit des öffentlichen Raums nicht nur für Verleumdungen und Unsachlichkeit, sondern vor allem für die Botschaft, die Abschiebung als angemessene Strafe für ein vermeintliches Gedankenverbrechen sieht;

► die Anziehungskraft von rassistischem Impetus, Hassreden, nationalistischer Wut auf bestimmte Institutionen und Parteien, von den jüngsten bis hin zu einigen, die behaupten, sie seien Mitbegründer der portugiesischen Demokratie;

► die Art und Weise, wie diese Art von Petition schnell und ausdrucksstark von genau den Leuten akzeptiert wird, die ärgerlich werden, wenn sie des Rassismus beschuldigt werden.

Aus all diesen Gründen verurteilt SOS Racismo den Inhalt dieser Petitionen und appelliert an andere Institutionen und Menschen, sich mit der notwendigen Entschlossenheit zu solidarisieren, im Sinne einer demokratischen, pluralen und kritischen Gesellschaft.

25. Februar 2021

 Quelle: https://www.sosracismo.pt/geral/nota-de-repudio

Siehe auch: „Rassismus in Portugal“ von Mamadou Ba (zuerst veröffentlicht in der Wochenzeitung Expresso, 14. August 2020), https://intersoz.org/rassismus-in-portugal/.

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