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Kultur

150. Jahrestag der Gründung der Ersten Internationale

Von Korrespondent Nancy | 01.07.2014

Feier in der ostfranzösischen Provinz
Vom 13. bis 15. Juni 2014 fand im ostfranzösischen Nancy eine denkwürdige Wochenend-Veranstaltung statt. Unter dem Motto „150 ans de luttes!“ (150 Jahre Kämpfe) wurde an die Gründung der I. Internationale 1864 erinnert.

Feier in der ostfranzösischen Provinz
Vom 13. bis 15. Juni 2014 fand im ostfranzösischen Nancy eine denkwürdige Wochenend-Veranstaltung statt. Unter dem Motto „150 ans de luttes!“ (150 Jahre Kämpfe) wurde an die Gründung der I. Internationale 1864 erinnert.

Im Aufruf zu dieser Feier war zu lesen:

„Anderthalb Jahrhunderte später hat der Kapitalismus niemals aufgehört, sich zu reorganisieren, um besser seine Unterdrückung aufrecht zu erhalten. Aktuell bietet sich der Faschismus vermittels des Aufstiegs nationalistischer und rechtsextremer Strömungen erneut für die Rettung des Systems an. Die Ideen der Einheit und des Internationalismus, die die Gründung der Ersten Internationale ermöglicht haben, werden ohne Zweifel im Herzen unserer zukünftigen Kämpfe stehen.“
Initiative
Die Initiative zu diesem bemerkenswerten Ereignis hatte der örtliche Chorale des Sans Nom (Chor der Namenlosen) ergriffen.

Verantwortlich für die intensive Vorbereitung und großartige Durchführung des umfassenden und spannenden Festprogramms zeichnete das „Collectif 150“.

Insgesamt rund 30 Organisationen, Parteien, gewerkschaftliche Strukturen, Initiativen, Bündnisse und nicht zuletzt Chöre und MusikerInnen unterstützen diese Feier. Sie fand auf dem großen Gelände einer früheren Brauerei – dem Grand Sauvoy – am Stadtrand von Nancy statt.

Aus Frankreich nahmen aktive Gewerkschaften, eine Bauernvereinigung, Antifa-Bündnisse, anarchistische und anarchosyndikalistische Gruppierungen sowie politische Parteien wie Lutte Ouvrière oder Nouveau Parti Anticapitaliste teil. Aus Deutschland waren vor allem eine dreißig Personen starke Delegation des IG Metall-Vertrauenskörpers von Alstom Mannheim mit dem AlstomChor, ferner das Aktionsbündnis „Wir zahlen nicht für Eure Krise!“ und der RSB / IV. Internationale anwesend.

Insgesamt über 500 Menschen aus etwas 20 Ländern beteiligten sich an diesem unvergesslichen Juniwochenende.
Programm
Das Programm bot für jede und jeden eine überwältigende Fülle von Veranstaltungen und Angeboten. So konnten mehrere Ausstellungen besucht werden – unter anderem zur Geschichte der ArbeiterInnenkämpfe in Lothringen. Büchertische (u. a. auch des RSB) und ein Literatursalon luden zur Beschäftigung mit Veröffentlichungen der Vergangenheit und der Gegenwart ein.

Zahlreiche Debatten und Kolloquien beschäftigten sich mit historischen Themen wie „Geschichte und Aktualität der Ersten Internationale“, „Afrika im Kampf“ oder „Geschichte(n) der Gewerkschaftsbewegungen“.

Aktuelle politische Themen kamen in mehreren Gesprächsrunden zur Sprache – „Gewerkschaften und soziale Transformation“, „Aktualität der Revolution im mittleren Osten und der arabischen Welt“ oder „Tierra y Libertad“ (zur sozialen Problematik der weltweiten Landfrage und zu den Kämpfen in diesem Zusammenhang).

Ferner fand eine Podiumsdiskussion zu betrieblichen, sozialen und politischen „Kämpfen in Europa“ mit KollegInnen vor allem aus Frankreich, aber auch aus Deutschland, England und Griechenland statt. Daran beteiligt war auch ein Mitglied der IG Metall-Vertrauenskörperleitung von Alstom Mannheim. Im Sinne des Mannheimer Appells des Betriebsrats von Alstom warb der Kollege für aktive grenzüberschreitende Solidarität und Gegenwehr.

Platz fand auch der Bereich „Forschung, Herausgabe, Journalismus, Literatur und Engagement“, wo unter anderem Antworten auf die Frage der Verbindung dieser Felder mit den aktuellen Kämpfen gesucht wurden.
Kultur
Besonders viel Raum gab es für kulturelle Darbietungen der unterschiedlichsten Art. Bemerkenswert war eine Aufführung mit dem Titel „KarlMarx_2013@Le Retour.com“, die Howard Zinns entsprechendes Theaterstück zu den Auseinandersetzungen zwischen Karl Marx und Michail A. Bakunin interpretierte.

Mehrere Filmvorführungen stellten die BesucherInnen vor die Qual der Wahl: „Das neue Babylon“ – ein historischer sowjetischer Film zur Pariser Kommune von G. Koznitsev und L.Trauberg mit der Musik von D. Tschostakowitsch, „Niger: Die Schlacht um das Uran“ sowie Filme zur Geschichte der Dritten und der Vierten Internationale.

Nicht zu kurz kamen das Feiern und die Musik – etwa mit einem phantastischen Konzert des Duos Blandine Bonjour und Bernd Köhler, dessen Programm von nicht nur französischen Chansons vom Publikum mit Begeisterung mitgesungen wurde.
Höhepunkte
Einer der vielen Höhepunkte des Wochenendes war sicherlich die durch Chöre aus Frankreich und Deutschland sowie ein linkes Blasorchester musikalisch begleitete Demonstration am Samstagmorgen des 14. Juni 2014.

Auf ausdrücklichen Wunsch der VeranstalterInnen sollten die Mannheimer MetallerInnen an der Spitze des Zuges laufen. Ihr Anliegen im Kampf gegen drohenden Arbeitsplatzabbau bei Alstom unter dem Motto „Résistance – Widerstand“ konnten sie somit auch den za
hlreichen PassantInnen am Rande der Demoroute, die durch das Zentrum der ostfranzösischen Stadt führte, deutlich machen.

Ein weiterer – kultureller – Höhepunkt war ein bewegendes gemeinsames Konzert des um SängerInnen aus Deutschland, England und Frankreich verstärkten Chors der Namenlosen am Abend desselben Tages mit Liedern der internationalen ArbeiterInnenbewegung: Vom italienischen „Bandiera Rossa“ über das portugiesische „Grandola“ bis hin zum englischen Antikriegslied „Watch out“. Nicht zuletzt erklang dort auch das Alstom-Lied „Unsere Chance: Résistance“.
Solidarität
Alle diejenigen, die sich nicht an diesem Ereignis in Nancy beteiligen konnten, haben viel versäumt. Sie haben leider nicht das gute Zusammenwirken sehr unterschiedlicher Strömungen und Organisationen erleben können. Das für die deutsche Linke charakteristische Sektierertum und die entsprechend gepflegten, oftmals armseligen „Verkehrsformen“ hatten bei der Feier in Nancy keinen Platz.

Beeindruckend waren auch die große Offenheit den Gästen gegenüber und die spürbare Solidarität im Umgang miteinander. Die Anziehungskraft der Kombination von Politik, Kultur und Fest ist sehr bemerkenswert gewesen.

Den VeranstalterInnen – dem „Collectif 150“ – gebührt ein großes Lob und natürlich ein dickes DANKE SCHÖN! MERCI BEAUCOUP!

TIPP
Website der Veranstaltung (mit Fotos): www.150ans-premiere-internationale.org
Website vom Chor der Namenlosen: www.sans-nom.net

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