Wir haben die EU-Agrarpolitik satt! Für eine ökosozialistische Landwirtschaft!

"Wir haben es satt!"-Demo 2013 Foto: BUNDjugend, "Wir haben es satt!" 2013, CC-BY-NC-ND 2.0

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Flyer zur "Wir haben es satt"-Demo

Wir haben die EU-Agrarpolitik satt! Für eine ökosozialistische Landwirtschaft!

Von ISO Berlin | 15.01.2018

Aus Anlass der “Internationalen Grünen Woche Berlin” findet am Samstag, den 20. Januar, eine Demonstration unter dem Motto “Wir haben Agrarindustrie satt!” statt – siehe https://www.wir-haben-es-satt.de. Die ISO unterstützt dieses Bündnis für eine Agrarwende und die Demonstration. Unsere Berliner Gruppe hat dazu ein Flugblatt herausgegeben:

Die globale Rohstoff- und Agrarpolitik folgt den Interessen der internationalen Agrarindustrie. Diese setzt auf die Produktion für den Weltmarkt und Agro-Chemie auf den Feldern. Auf der einen Seite kommt es zu einer massenhaften Vernichtung von Nahrung in einer Größenordnung von Millionen Tonnen. Auf der anderen Seite herrscht im Rahmen der Schaffung globaler Produktionsketten durch international agierende Agrarkonzerne Enteignung, Vertreibung und eine dramatische Hungersnot, von der bis zu 800 Millionen Menschen auf der Erde betroffen sind.

Eine Vielzahl von landwirtschaftlichen sowie kleinbäuerlichen Betrieben ist weltweit in ihrer Existenz bedroht. Ebenfalls ist ein massives Artensterben zu beobachten. Sie beinhaltet eine aggressive Politik zur Sicherung des Zugriffs der Industrie auf Rohstoffe, u. a. durch Landgrabbing in Asien und Afrika, die in der Konsequenz den ärmeren Ländern die Existenzgrundlage raubt.

Die Politik der EU schützt nicht Regionen mit einer ökologisch orientierten Landwirtschaft und artengerechter Tierhaltung, von der auch klein- und mittelgroße Betriebe gut leben könnten, sondern zerstört sie. Die EU macht eine Politik im Interesse der Konzerne. Der dominierende Deutsche Bauernverband vertritt überwiegend die industrielle Landwirtschaft. Er übt mit seinen Verbindungen zu den Parteien und zur Europäischen Kommission einen großen Einfluss in der EU aus und setzt auf diese Weise zusammen mit den Agrarverbänden Frankreichs oder der Niederlande seine Interessen weitestgehend durch.

Diese Politik der Banken und deren Spekulation mit Agrarrohstoffen sowie der Konzerne im „Agrarbusiness“ gehört zum Wesen des auf Profitmaximierung beruhenden kapitalistischen Wirtschaftssystems.  Gewinner dieser Politik sind Unternehmen wie Bayer und Monsanto, die vor kurzem zu einem Megakonzernen fusionierten. Sie wollen Macht vom Acker bis zum Teller und verdienen Milliarden mit unserem Essen. Die Kapitalkonzentration mit der Tendenz zur faktischen Monopolbildung in der Landwirtschaft schreitet fort. Deren Auswirkungen sind für die Verbraucher*innen   durch Lebensmittelskandale zu spüren.

Die ökologische Landwirtschaft ist sicherlich eine gute Alternative. Aber auch sie war in der letzten Zeit von Skandalen betroffen. Bildmaterial z.B. von Hühnerfarmen in den Niederlanden, in denen „Bio-Eier“ produziert werden, zeigen riesige Ställe mit unzähligen Tieren, reihenweise tote Hühner und verbotenen Elektroleitungen, die Tiere am Auslauf hindern. Deshalb ist eine Politik für Mensch, Tier und Umwelt nötig – und keine weitere Absicherung der Macht der Konzerne. Bäuerinnen und Bauern, Verbraucher*innen und (Land)-Arbeiter*innen wissen am besten, wie Nahrungsmittel produziert werden müssen, die weltweit sozialverträglich und umweltgerecht sind sowie dem Klima nicht schaden.

Wir fordern ein Recht auf ökologisch produzierte Nahrungsmittel für alle Menschen weltweit!

Die ökologische Landwirtschaft ist, wie jeder Wirtschaftszweig, in die kapitalistische Produktionsweise eingebettet. Sie ist ebenfalls dem Kostendruck und der Konkurrenz ausgesetzt. Kosten werden entweder bei den Produktionsmitteln eingespart, was zu dem zitierten Bioeierskandal führt, die Löhne der Arbeiter*innen werden gedrückt, oder die Preise für gesunde Nahrungsmittel sind so hoch, dass diese nur noch von den Besserverdienenden bezahlt werden können. Menschen mit geringen Einkommen sind dazu gezwungen, auf Nahrungsmittel aus industrieller Produktion auszuweichen.

Wir treten  für eine ökosozialistische Landwirtschaft ein!

Wir fordern ein Ende der Agrarindustrie, der Privatisierung der Natur, der Patentierung von Leben, des intensiven Getreideanbaus, eine Reduzierung der umwelt- und sozial unverträglichen Fleischproduktion, der gigantischen Monokulturen sowie des Einsatzes von Gentechnik und Agrochemie. Wir fordern in Übereinstimmung mit Via Campesina  Ernährungssouveränität, verbunden mit einer Umstellung auf vorrangig lokale und regionale Versorgung mit Lebensmitteln, die Förderung bäuerlich-familiärer Kleinwirtschaften und selbstverwaltete Genossenschaften auf dem Lande. Wir müssen im Rahmen einer sozial-ökologischen Transformation ein Bündnis zwischen Kleinbauern/Kleinbäuerinnen und Konsument*innen schaffen und für neue Produktionsnetzwerke und eine neue Bodenordnung kämpfen. Dabei geht es nicht allein um die Verteilung des Bodens an Kleinbäuer*innen und Landarbeiter*innen, sondern um die gemeinschaftliche Kontrolle von Grund und Boden durch alle Gruppen, die an der weltweiten Nahrungsproduktion beteiligt sind.

Wir solidarisieren uns mit den weltweiten Kämpfen für die Produktion von gesunder Nahrung.

Die Menschen im Norden und Süden müssen wieder die Kontrolle über die Produktion der Nahrungsmittel haben. Das ist mit Nahrungsmittelsouveränität gemeint. Das ist auch eine Form von sozialer Gerechtigkeit. Die (landwirtschaftlichen) Produktionsmittel gehören nicht in die Hände der Industrie, sondern in die Hände derer, die die Nahrungsmittel produzieren, aber auch konsumieren. Wer das will und für ein Recht auf Nahrungsmittel und ihre Herstellung weltweit eintritt, wird früher oder später an die Grenzen des kapitalistischen Systems stoßen. Die Alternative kann weder in einer Zwangskollektivierung bäuerlicher Klein- und Mittelbetriebe bestehen, noch in nostalgischen Kleinbetrieben, die auf der Ausbeutung von Familienmitgliedern und Selbstausbeutung beruhen.

Maßstab für ein Zukunftsprogramm müssen ausschließlich die Interessen der Bauern und Bäuerinnen und   Landarbeiter*innen sowie der Verbraucher*innen und der Schutz der natürlichen Ressourcen wie Wasser, Boden, Wälder und Biodiversität sein. Wir brauchen dafür Genossenschaften neuen Typs. Die existierenden bürgerlich-rechtlichen Genossenschaften, in denen Selbstverwaltung und demokratische Kontrolle keinen Platz haben, erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Es liegt an uns, gemeinsam ein neues Genossenschaftswesen zu entwickeln, das diesen Rahmen mit Leben erfüllt.

Eine antikapitalistische, ökosozialistische Wirtschaftsform kann diese Ziele erreichen!

Flyer als PDF

Nächstes offenes Treffen des AK Ökosozialismus der ISO am 10.02.
Thema: Ökosozialistische Landwirtschaft  /  Zeit und Ort  bitte erfragen über berlin@intersoz.org

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