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Kultur

The Ides of March

Von Paul Junius | 07.02.2012

The Ides of March – heißt der inzwischen schon nicht mehr ganz so neue Politthriller von George Clooney. Da der Titel allein für deutsche DurchnittskinogängerInnen scheinbar nicht verständlich genug war, musste ein griffiger Untertitel her. „Tage des Verrats“ läuft seit dem 22. Dezember im Kino.

The Ides of March1 – heißt der inzwischen schon nicht mehr ganz so neue Politthriller von George Clooney. Da der Titel allein für deutsche DurchnittskinogängerInnen scheinbar nicht verständlich genug war, musste ein griffiger Untertitel her. „Tage des Verrats“ läuft seit dem 22. Dezember im Kino.

Clooney spielt nicht nur eine wichtige Nebenrolle, sondern führte auch Regie und ist Mitproduzent. Er verarbeitet im Film das Theaterstück Farragut North und seine eigenen Erfahrungen als Wahlkampfhelfer seines Vaters 2004. Der wiederum schaffte es nicht ins Repräsentantenhaus. George Clooney gilt in den USA als Liberaler, setzt sich für den Klimaschutz ein und macht auch auf die Verbrechen in Darfur aufmerksam. Nach eigenen Aussagen unterstützte er in den Präsidentschaftswahlen 2008 Obama. Als der Spiegel zumindest noch so tat, als wäre er links, erschien ein Artikel mit der Frage: „Ein Politbüro für den Kapitalismus?“, gemeint war damit das Council on Foreign Relations, ein think-tank von Wirtschaftsleuten und Außenpolitiker_innen, deren Mitglied Clooney seit 2010 ist.

Die Handlung des Films umfasst eine Woche im Wahlkampf des demokratischen Gouverneurs Mike Morris (George Clooney) gegen Senator Pullman (Michael Mantell), beide duellieren sich als letzte Kandidaten in den Vorwahlen der Demokraten. Die Hauptfigur des Politthrillers ist aber der dreißigjährige idealistische Medienprofi Stephen Meyers (Ryan Gosling), der für den Wahlkampfmanager Paul Zara (Philip Seymour Hoffman) arbeitet und damit der zweit wichtigste Mann für Gouverneur Morris ist. Beginnt der Film noch recht witzig mit Meyers Testen der Mikrofonanlage vor einer Rede des Gouverneurs, so geht es bald zur Sache. Stephen beginnt eine Affäre mit einer Praktikantin und der gegnerische Wahlkampfmanager Tom Duffy (Paul Giamatti) versucht alles, um seinem Kandidaten zum Sieg zu verhelfen. Im winterlichen Ohio erscheint Strahlemann Morris plötzlich nicht mehr so integer wie zuvor vermutet. Betrug und Korruption bestimmen die weitere Handlung.
Clooney stellt in seinem Film schnell die wichtigsten Charaktere vor und bleibt, bis auf wenige Totale in leer wirkenden Räumen, dicht an den Schauspielern. Da stellt sich die Frage, ob daran möglicherweise das – nach Hollywoodverhältnisse geringe – Budget von 12 Millionen Dollar schuld ist, welches Clooney selbst einwerben musste.

Gut gezeigt und unterstützt von falschem Pathos wird der Zynismus des politischen Establishments. Eine wirkliche Dramatik kommt trotzdem nicht auf, dazu sind die Charaktere zu plakativ; die Story zu platt. Musik und Bilder unterstützen die Botschaft des Films. Die hochgekrempelten Ärmel und aufgeknöpften Kragen der hart arbeitenden BerufspolitikerInnen genauso wie der Schattenriss von Meyers und Zara vor einer riesigen beleuchteten Flagge der USA. Phasenweise werden auch nur Bilder mit Musik untermalt präsentiert.

Es soll nicht unerwähnt bleiben, welches Frauenbild durch den Film transportiert wird. Neben der klischeehaften, bissigen Journalistin Ida Horowicz (Marisa Tomei) gibt es eben nur noch die etwas dumpf gezeichnete Praktikantin Molly Stearns (Evan Rachel Wood), Assoziationen sind hierbei unvermeidlich und wohl auch gewollt. Beide bleiben passiv und dienen nur dazu, die Handlung voranzutreiben.

Clooney zeigt in The Ides of March das traurige Bild der korrupten, verkommenen Senator­Innen-Oligarchie der USA. In der es eben nicht um Ideale oder Überzeugungen geht, sondern nur um Postengeschachere und den Vortrieb der eigenen Karriere. Beklagenswerte Opfer sind nur Probleme auf dem Weg zum Sieg, die es aus dem Weg zu räumen gilt. Ob er darin möglicherweise Erfahrungen aus Wahlkampf und think-tank verarbeitet, bleibt jedem selbst überlassen.

Läuft man an einem regnerischen Sonntag aus Versehen an einem Kino vorbei und hat nichts Besseres zu tun, sollte man hineingehen. Revolution schreiend Barrikaden bauen wird nach dem Schauen des Films aber niemand, denn letztlich wird – wenn auch handwerklich gut – nur Bekanntes aufgewärmt.

1    „Hüte dich vor den Iden des März‘“ – Warnung für Cäsar, an den römischen Feiertagen der Iden (Monatsmitte) nicht öffentlich aufzutreten. Er befolgte sie nicht und wurde von seinen republikanischen Gegnern ermodert.

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