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Betrieb & Gewerkschaft

Sozial- und Erziehungsdienste: Armseliger Abschluss

Von Clarissa Lang | 01.09.2009

Die KollegInnen der Sozial- und Erziehungsdienste konnten zwar nicht direkt für höhere Entgelte streiken, aber die Forderungen waren klar: besserer Gesundheitsschutz, andere Eingruppierungen, bessere Stellenbesetzungen. Auf allen Ebenen ist der Abschluss recht mager.

Die KollegInnen der Sozial- und Erziehungsdienste konnten zwar nicht direkt für höhere Entgelte streiken, aber die Forderungen waren klar: besserer Gesundheitsschutz, andere Eingruppierungen, bessere Stellenbesetzungen. Auf allen Ebenen ist der Abschluss recht mager.

Dass sich die Beschäftigten des Sozial- und Erziehungsdienstes in den vergangenen Monaten im Kampf um den Tarifvertrag „Gesundheitsschutz/Gesundheitsförderung“ so stark engagierten, hat einen zweifachen Hintergrund:

  • •    Zum einen sind die Belastungen besonders seit Anfang der 90er Jahre außerordentlich stark gestiegen (größere Gruppen, stärkere Lärmbelastung, zusätzliche Aufgaben durch die verstärkten Berichtspflichten und die dichteren Konsultationen). 
  • •    Zum anderen spüren die Beschäftigten jetzt die schlechteren Eingruppierungen, die der Absenkungstarifvertrag TVöD vom 13.9.2005 mit sich gebracht hat.

Wenn wir bedenken, dass es hier um eine zusätzliche Tarifrunde ging – bei der nächsten Tarifrunde um die Erhöhung der Entgelte im kommenden Jahr sind die Beschäftigten ganz normal mit im Boot –, dann war der Kampf allemal die Sache wert und hat was gebracht.
Weniger erreicht als erwartet
Aber es wurde deutlich weniger erreicht, als die KollegInnen erwartet hatten:
Die Verluste des TVöD sind – je nach Beschäftigtengruppe, Dienstalter usw. – nur zu 35 bis 60 % ausgeglichen worden. Es wurde auch keine umfassende Neuregelung zur Einstellung zusätzlicher Kräfte getroffen. Nur an wenigen Stellen kommen SozialarbeiterInnenstellen hinzu und der Gesundheitsschutz beschränkt sich im Wesentlichen auf den „individuellen Anspruch auf die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung“ (Pt. 3 der Vereinbarung). Kommt es dabei zu keiner zufriedenstellenden und einvernehmlichen Lösung, wird eine „betriebliche Kommission“ damit befasst und diese kann, wenn es auch hier stockt, einen befristeten „Gesundheitszirkel“ einrichten (Pt. 5).

Aus den Erfahrungen, die Personal- und Betriebsräte sammeln konnten, wissen wir, wie wenig in der Regel mit solchen Instrumenten anzufangen ist, wenn kein verbindlicher Anspruch auf reale Verbesserungen besteht. Im Wesentlichen wird damit Zeit geschunden, auch wenn umgekehrt die Einberufung solcher Kommissionen hier und da auch als Druckmittel benutzt werden kann.
Es bleibt also im Wesentlichen eine Entgeltanhebung um ca. 100 bis maximal 390 Euro im Monat (je nach Tarifgruppe und Dienstjahren), nach vorläufiger überschlägiger Rechnung sind es für die Masse der Beschäftigten 140 bis 250 Euro.
Lehren
Die Mobilisierung war sehr gut gelaufen und die Öffentlichkeit stand noch überwiegend auf der Seite der KollegInnen. Deshalb hätte der Kampf am 14. September, also kurz vor der Bundestagswahl, wieder aufgenommen werden müssen. Die Chancen für die volle Durchsetzung der Forderungen waren wirklich gut. Deshalb ist die Wiederaufnahme der Verhandlungen genau in der Urlaubszeit, losgelöst von jeglicher Möglichkeit, weiter Druck auszuüben, scharf zu verurteilen.

Auch diese Tarifrunde hat gezeigt: Wir brauchen ein Delegiertensystem der Streikenden, die sich die Entscheidung über die Verhandlungstermine und die weitere Kampfführung nicht aus der Hand nehmen lassen.

In der Oktober-Avanti werden wir den Kampf der Erzieher­innen ausführlich bilanzieren.

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