In den GDL-Streiks werden die beamteten LokführerInnen, die nach den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums nicht streiken dürfen, faktisch für Streikbrecherdienste eingesetzt. Schon 2007/2008 wurden sie entsprechend missbraucht.
Dabei sind die BeamtInnen nun wirklich keine verhätschelte Gruppe. Seit der Bahnreform (1994) haben sie mehr als 18 % Reallohnverlust hinnehmen müssen, ihr Weihnachtsgeld wird immer noch auf der Basis von 1992 berechnet. Seit dieser Zeit sind die Bezüge des Bahnvorstands aber um ca. 80 % gestiegen.
Trotz des Einsatzes der BeamtInnen aber, trotz Medienhetze und trotz Drohungen seitens der Regierung haben die LokführerInnen und ZugbegleiterInnen ihre Streiks sehr wirksam durchgezogen. Je nach Schicht sind zwischen 2000 und 5000 LokführerInnen im Ausstand. Dafür verdienen sie unseren größten Respekt. Denn sie kämpfen heute an vorderster Front, und zwar nicht nur für Lohnerhöhungen (hier ist die Forderung mit 5 % eher zu niedrig angesetzt):
Sie wollen eine kürzere Arbeitszeit durchsetzen, nämlich 2 Stunden weniger bei vollem Entgeltausgleich. Es ist in der Tat höchste Zeit, dass die Frage der Arbeitszeitverkürzung wieder aufs Tapet kommt. Nur wenn die Konzerne gezwungen werden, massenhaft Personal einzustellen, können wir dem Ziel der Verteilung der Arbeit auf alle Hände näher kommen. Heute haben wir real über 5 Mio. Erwerblose (siehe Süddeutsche Zeitung vom 28.2.2014, nach der 2 Mio. nicht in der Statistik auftauchen.)
Und nur wenn die Zahl der Erwerbslosen drastisch sinkt, werden sich auch die Kräfteverhältnisse zwischen Lohnarbeit und Kapital wieder nennenswert verändern. Allein schon deswegen verdienen die KollegInnen der GDL unsere volle Unterstützung in ihrem Tarifkampf.
Solidarität mit wem?
Die Regierung möchte den (möglicherweise wachsenden) Unmut der BahnkundInnen nutzen, um ihr Gesetzesvorhaben der Tarifeinheit voranzutreiben. Dabei orientiert sie sich an einigen Punkten recht klar an den restriktiven Bestimmungen für Streiks in Großbritannien, wie sie von Maggie Thatcher in den 1980er Jahren durchgesetzt wurden.
Claus Weselsky: „Die DB verlangt von uns tatsächlich, dass wir die Füße stillhalten, bis wir gesetzlich abgeschafft werden.“ Die GDL werde mit den Tarifverhandlungen für das Zugpersonal nicht warten: „Wir werden die Wunschträume des Arbeitgebers nicht erfüllen, weil das Zugpersonal dringend bessere Entgelt- und Arbeitszeitregelungen braucht.“
Der Vorstand der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) fordert von der GDL Solidarität mit den übrigen Beschäftigten des Konzerns. In Wirklichkeit zielt das Vorgehen des EVG-Vorstands darauf ab, dass sich die GDL der EVG unterwirft. Das ist Streikbruch pur.
Druck machen ist angesagt
Jetzt kommt es darauf an, dass vor allem von den KollegInnen der EVG Druck gemacht wird, damit der EVG-Vorstand seine Linie ändert und für das Zugbegleitpersonal keinen Alleinvertretungsanspruch mehr fordert. Das Mauscheln mit dem DB-Vorstand muss mit aller Macht angeprangert werden.
Die Tarifeinheit muss von unten wachsen und sie kann nur im Kampf hergestellt werden. Die Tarifeinheit ist dann ein erstrebenswertes Ziel, wenn die KollegInnen für gemeinsame Ziele kämpfen.
Seien wir solidarisch und unterstützen wir die KollegInnen, wo wir nur können – aller Hetze gegen sie in den Medien zum Trotz: In den Gesprächen mit Mitreisenden, an unseren Arbeitsplätzen und überall, wo sich dazu die Gelegenheit bietet. Seien wir auch solidarisch mit den PilotInnen, die faktisch gegen eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit streiken.
Tatsächlich streiken die KollegInnen für uns alle. Wenn sie diese Auseinandersetzungen gewinnen, wird hierdurch auch der Kampf um höhere Löhne und um kürzere Arbeitszeiten von KollegInnen in anderen Sektoren Auftrieb erhalten.