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Feminismus

Portugal: Ein historischer Sieg

Von Alda Sousa | 01.03.2007

Mit 59,25 % haben sich die portugiesischen WählerInnen mehrheitlich für die Straffreiheit der Abtreibung bis zur 10. Schwangerschaftswoche ausgesprochen. Trotz der hohen Stimmenthaltung (56 %) ist damit ein richtungsweisender Sieg für die Rechte der Frauen erzielt worden. „Badajoz liegt hinter uns, willkommen im 21. Jahrhundert!“ Dies skandierten die jungen Portugiesinnen auf den Demonstrationen am Abend des 11. Februar.

Mit 59,25 % haben sich die portugiesischen WählerInnen mehrheitlich für die Straffreiheit der Abtreibung bis zur 10. Schwangerschaftswoche ausgesprochen. Trotz der hohen Stimmenthaltung (56 %) ist damit ein richtungsweisender Sieg für die Rechte der Frauen erzielt worden.

„Badajoz liegt hinter uns, willkommen im 21. Jahrhundert!“ Dies skandierten die jungen Portugiesinnen auf den Demonstrationen am Abend des 11. Februar, als die Befürworter der Straffreiheit bei Abtreibung das Referendum gewonnen hatten. Badajoz heißt die kleine spanische Stadt an der portugiesischen Grenze, wo viele portugiesische Frauen für die Abtreibung Zuflucht gesucht haben.

Dies war bereits das zweite Referendum zu dieser Frage. Das erste ging 1998 knapp verloren und wurde damals als bittere Niederlage für die Frauen und die Linke erlebt. Seither drohten den Frauen, die Abtreibungen vornehmen ließen, bis zu drei Jahren Haft. So wurden z.B. im Oktober 2001 siebzehn Frauen in der Nähe von Porto wegen des „Verbrechens“, abgetrieben zu haben, verurteilt. Dieser Prozess und damit einhergehende Mobilisierungen haben im Land ein Bewusstsein dafür geschaffen, unter welch dramatischen Umständen illegale Abtreibungen vonstatten gehen und wie grausam dieses Gesetz eigentlich ist.
Daraufhin ergriffen mehrere Abgeordnete der PS und des „Linken Blocks“ mit der Unterstützung von Feministinnen, Gewerkschaftern, Linkskatholiken und Intellektuellen die Initiative und sammelten 160 000 Unterschriften für die Neuauflage des Referendums, was aber vom Parlament abgelehnt wurde.

Nach dem Sieg der PS bei den Parlamentswahlen von 2005 kam von José Sócrates, dem jetzigen Premierminister, der Vorschlag eines neuen Referendums. Im Gegensatz zur Kommunistischen Partei sprach sich der „Linke Block“ trotz der damit verbundenen Risiken für ein solches Referendum aus. Uns ging es darum, dass wir keine einfache Gesetzesänderung haben wollten, die dann unter geänderten Mehrheitsverhältnissen gleich wieder kassiert werden könnte.
Es entwickelte sich daraufhin eine sehr rege Kampagne für dieses zweite Referendum mit hunderten von Diskussionsveranstaltungen quer durchs Land. Die Gegner machten sich alle möglichen Argumente zu eigen, dass die Frauen beispielsweise die unerwünschten Kinder einfach zur Adoption freigeben könnten oder dass ein weniger als 10 Wochen alter Fötus Schmerzen verspüren könne – was allen medizinischen Erkenntnissen widerspricht. Sogar vor den Grundschulen verteilten sie ihre Propagandablätter. Die Abtreibungsgegner verteilten sich auf zwei Lager: die Fundamentalisten, die Abtreibung sogar nach einer Vergewaltigung verbieten wollen, und diejenigen, die zwar gegen das Recht auf Abtreibung sind, die Frauen dafür aber nicht ins Gefängnis stecken sondern zu gemeinnütziger Arbeit vergattern wollen.

Der „Linke Block“ leistete mit seiner Kampagne einen sehr wichtigen Beitrag. Wir konzentrierten uns auf die Gerichtsprozesse und die Erniedrigung, die den Frauen dadurch zuteil wird, und zwangen dadurch die politischen Parteien und Einzelpersonen, zur Frage der Gefängnisstrafen für diese Frauen Stellung zu beziehen.
Der Ausgang des Referendums ist nicht bindend, da das Quorum von 50 % nicht erreicht wurde. Aber der Premierminister hält an seiner Wahlkampfaussage fest, dass er eine Gesetzesänderung auf den Weg bringen werde, wenn das Referendum auch nur mit einer Stimme Mehrheit erfolgreich sei. Auch alle anderen Parteien mit Ausnahme der Christdemokraten sehen im Wahlentscheid ein klares Votum für eine Gesetzesänderung. Der erste Schritt hierfür ist einfach: Es muss lediglich der Artikel aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden, wonach die Abtreibung ein Verbrechen ist. Der zweite Schritt wird langwieriger sein, weil das Gesundheitssystem hierfür modifiziert werden muss. Es geht um Fragen wie die der Bedenkzeit der Frauen vor ihrer Entscheidung oder wie man den beteiligten ÄrztInnen einen Gewissensspielraum einräumt.
Jetzt muss das Recht auf kostenlose Abtreibung in öffentlichen Einrichtungen erkämpft werden, auch wenn dies nur ein erster Schritt ist. Dabei können wir uns auf ein Votum stützen, das einen historischen Sieg darstellt für die Frauen und alle Organisationen, die für deren Rechte gestritten haben.

*    Alda Sousa ist Mitglied des Linken Blocks sowie der portugiesischen Sektion der IV. Internationale
*    Artikel aus Rouge 2193, vom 15. Februar 2007

Übersetzung : MiWe 

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