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Bildung, Jugend

Nordrhein-Westfalen: Privatisierung der Unis stoppen!

Von Rainer Schäfer, Karl Lindt | 01.06.2006

Seitdem das Bundesverfassungsgericht die Frage der Studiengebühren den Ländern übertragen hat, ist es klar: Ein gebührenfreies Studium wird, wenn es nach den Plänen der Herrschenden geht, schon bald der Vergangenheit angehören. Die jetzt schon bestehende soziale Selektion im Bildungsbereich wird hierdurch noch verstärkt.

Seitdem das Bundesverfassungsgericht die Frage der Studiengebühren den Ländern übertragen hat, ist es klar: Ein gebührenfreies Studium wird, wenn es nach den Plänen der Herrschenden geht, schon bald der Vergangenheit angehören. Die jetzt schon bestehende soziale Selektion im Bildungsbereich wird hierdurch noch verstärkt.

Aber Studiengebühren sind nur ein Teil des sog. Bologna-Prozesses, der eine Vereinheitlichung der europäischen Hochschulsysteme vorsieht. Dieser zielt auf eine direkte Vergleichbarkeit der europäischen Hochschulen, und damit auf die Möglichkeit ab, sie in gegenseitige und internationale Konkurrenz zu setzen. Bildung wird dadurch immer mehr zu einer Ware, die vom „Dienstleistungsunternehmen” Hochschule auf dem freien Markt angeboten wird. Zusätzlich werden Studiengänge verkürzt und dem Willen der Wirtschaft untergeordnet. Dass die Pläne der Herrschenden zur Privatisierung der Bildung immer weiter voranschreiten, zeigt der Entwurf zum „Hochschulfreiheitsgesetz” von NRW-„Innovationsminister” Pinkwart. Hiernach soll ein demokratisch nicht legitimierter Hochschulrat mit VertreterInnen aus der Wirtschaft die Leitung der Universitäten in NRW übernehmen. Auch können nach den Plänen der NRW-Landesregierung im sog. Hochschulgerechtigkeitsfinanzierungsgesetz Universitäten bald wie ein „richtiges” Unternehmen Pleite gehen und Insolvenz anmelden.
Reger Protest
Doch gegen diese Pläne zur Umgestaltung des Bildungssystems regt sich in den letzten Wochen und Monaten immer stärkerer Protest. Seit Anfang April befindet sich die Bewegung gegen Bildungsabbau in NRW im Aufschwung. Neben vielen kleineren Aktionen kam es unter anderem auch zu Besetzungen von Rektoraten durch Studierende an verschiedenen Universitäten. In Köln forderten die Studierenden Anfang Mai während ihrer zehntägigen Besetzung: Verzicht auf jegliche Art von Studiengebühren, ausreichende öffentliche Bildungsfinanzierung und Ausbau der Hochschuldemokratie.

Wie an verschiedenen anderen Universitäten konnten die Studierenden an der Uni Köln die Senatssitzung verhindern, auf der Studiengebühren eingeführt werden sollten. Über tausend Studis blockierten zusammen mit Streikenden von der Universitätsklinik Köln den Zugang zum Senatssaal. Der Rektor und einige weitere Senatoren, welche sich schon vor der Blockierung im Senatssaal befanden, verbarrikadierten sich mit Tischen und Stühlen. Die zur Hilfe gerufene Polizei geleitete den Rektor und die Senatoren vom Universitätsgelände.
Notwendige Vernetzung
Schnell machte sich aber nach den Erfahrungen der Besetzungen in Köln, Bielefeld etc. die Erkenntnis breit, dass die Verhinderung der Studiengebühren nur durch eine Vernetzung der Studierendenproteste untereinander und mit anderen sozialen Bewegungen geschafft werden kann. Denn die Angriffe auf das Bildungssystem können nur im Kontext des gesamten Sozialabbaus begriffen werden. So kam es u.a. am 11. Mai zu Besetzungen der Rektorate in Duisburg und Siegen. Am selben Tag wurden von aufgebrachten Studierenden die Rektoren der Universitäten Paderborn und Bonn „besucht”. In Köln besetzten Studierende die FDP-Zentrale, um gegen die Politik der Landesregierung zu demonstrieren. Das erste Mal seit langem wurden an diesem Tag über eine gemeinsame Koordination dezentrale Proteste organisiert.

Auf Anregung des studentischen Protestkomitees aus Bochum kam es dann am 16. Mai zu einer landesweiten Demo in Düsseldorf. Ungefähr 7000 Studierende und Beschäftigte der Universitäten zogen gemeinsam zum Landtag, um ihrem Protest kund zu tun. Dabei ging es nicht nur um die Verhinderung von allgemeinen Studiengebühren, sondern auch gegen das sog. Hochschulfreiheitsgesetz und das Hochschulfinanzierungsgerechtigkeitsgesetz (siehe oben). Die Demonstrierenden betonten immer wieder, dass die durch die beiden Gesetze der Landesregierung NRW verfolgte schrittweise Privatisierung der Universitäten abhängig Beschäftigte und Studierende gleichermaßen angegriffen werden.

Um den Protest gegen Bildungs- und Sozialabbau auch bundesweit voranzutreiben, wird an den Universitäten in NRW und den anderen Bundesländern für einen Studierendenblock auf der Demo am 3. Juni in Berlin mobilisiert. Gerade bei den sich neu politisierenden Studierenden verbreitet sich ein Motto welches u.a. auf Transparenten an den besetzten Rektoraten in Köln und in Duisburg zu lesen war: „Divided we fall – united we stand”

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