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Griechenland

Neue Lage der Linken in Griechenland

02.09.2015

Stellungnahme der isl

Die Regierung Tsipras hat mit ihrer Unterschrift unter das Abkommen mit der Ex-Troika das dritte Memorandum für Griechenland akzeptiert – im Widerspruch zur Ablehnung der zerstörerischen Sparpolitik, für die sie im Januar mit der Parole “kein Opfer für den Euros” gewählt worden war, und ebenso im Widerspruch zum Ergebnis der Volksabstimmung des 5. Juli, die sie selbst organisiert hatte. Um sich damit durchsetzen zu können, musste sie sich im Parlament auf die Stimmen von Nea Demokratia und Pasok stützen, die als “Memorandumsparteien” bei den Wahlen im Januar so spektakulär verloren hatten. Alexis Tsipras hat Neuwahlen ausgerufen, ohne auch nur die Leitungsgremien seiner Partei zu befragen, und säubert die Partei von allen KritikerInnen seines neuen Kurses.

Die Erbin des OXI, des überwältigenden Nein zur Verelendungspolitik vom 5. Juli, ist jetzt die Syriza-Linke zusammen mit all jenen, die sich um sie scharen. Dieser ehemalige linke Flügel von Syriza hat zusammen mit einem Teil von Antarsya und anderen Kräften der Linken die politische Bewegung “Volkseinheit” (Laiki Enotita, LAE) gebildet. Unsere politische Solidarität gilt in erster Linie der neuen antikapitalistischen Oppositionspartei “Laiki Enotita” und den Bewegungen und Kämpfen gegen alle Memoranden und für einen Ausstieg aus der Austeritätspolitik.

Laiki Enotita” wird in wenigen Wochen zu den Neuwahlen antreten. Niemand weiß, wie diese Wahlen ausgehen – sicher ist aber, dass Syriza, das “Bündnis der radikalen Linken”, nicht mehr dieselbe politische Kraft ist wie vor dem Schwenk von Tsipras. Heute repräsentieren die “Volkseinheit” und Antarsya das “Nein!” zur zerstörerischen Austeritätspolitik und zur Unterwerfung unter das Diktat der Troika, der deutschen Regierung und der Kapital- und Finanzmärkte.

Wie gegen die griechischen Beschäftigten, die Erwerbslosen und die ins Elend Gestürzten vorgegangen wird, betrifft nicht nur die Opfer dieser Politik in Griechenland. Hier wird ein Exempel statuiert: Nirgendwo im Euroraum, so lautet die Botschaft, darf eine Alternative zur neoliberalen Spar- und Privatisierungspolitik im Interesse des Kapitals entwickelt werden. Keine demokratische Entscheidung, keine demokratische Wahl soll etwas daran ändern können.

Keine Regierung kann sich der Sparpolitik im Euroraum widersetzen. Um die Interessen der Beschäftigten und Erwerbslosen und das öffentliche Eigentum zu verteidigen, muss jede wirklich linke Regierung also einen Bruch mit den geltenden Spielregeln vorbereiten und dafür im eigenen Land wie auch international mobilisieren: Ablehnung der illegitimen Schulden, des Sozialabbaus und des Ausverkaufs öffentlichen Eigentums, Kapitalverkehrskontrollen, Ausscheren aus dem Euroraum, Eingriffe in das Privateigentum – angefangen mit der demokratischen Vergesellschaftung der Banken.

Die Europäische Union ist eine undemokratische Konstruktion, mit der keine Harmonisierung und solidarische Angleichung der Lage der Bevölkerungen Europas erreicht werden kann. Die EU ist ein Europa des Kapitals, der Ungleichheit, der sozialen und ökologischen Verantwortungslosigkeit und der undemokratisch zustande gekommenen, auf Neoliberalismus und Militarismus verpflichtenden Verträge von Maastricht und Lissabon. Mit dieser EU werden die Bevölkerungen Europas heute auseinander und gegeneinander getrieben. Europa muss also von unten neu demokratisch konstituiert werden, ausgehend von der Internationalisierung des Widerstands und der Bewegungen gegen die verheerenden Auswirkungen der vorherrschenden Politik.

Sekretariat der internationalen sozialistischen linken (isl), Köln, 2. September 2015

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