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Nein zu Hartz! Ja zum Kampf gegen Arbeitslosigkeit

Nein zu Hartz! Ja zum Kampf gegen Arbeitslosigkeit!

Von Politisches Sekretariat des RSB | 06.09.2005

1. Das Ausmaß der aktuellen kapitalistischen Wirtschaftskrise zeigt sich am deutlichsten im Ansteigen der Massenerwerbslosigkeit. Derzeit sind in den entwickelten Staaten mehr Menschen arbeitslos als auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise 1929-32. Weltweit galten 2002 rund 1 Milliarde Menschen als erwerbslos.

In der Bundesrepublik ist die Zahl der registrierten Arbeitslosen seit 1990 stark angestiegen und verharrt seit Jahren auf einem hohen Niveau. Im September 2002 waren offiziell fast 4 Millionen Menschen registrierte Arbeitslose. Hinzu kommt die „stille Reserve“ von über zwei Millionen Menschen, jene Gruppe von Erwerbslosen, die nicht oder nicht mehr registriert sind. Zudem fehlen Arbeitsplätze für alle, die in „Maßnahmen“ der Arbeitsämter statistisch versteckt sind (Umschulungen, ABM-Stellen…). Die bekannt gegebene Arbeitslosenquote lag bei 9,5%. 7,7% im Westen (2,59 Mio.) und 17,2% im Osten (1,35 Mio.). Das regionale Gefälle reicht von Sachsen-Anhalt mit 18,8% bis Baden-Württemberg mit 5,4% registrierten Arbeitslosen.

Es ist noch schwerer geworden, wieder in Arbeit zu kommen. Die Zahl der gemeldeten offenen Stellen ist auf einen „Erinnerungsposten“ zusammengeschmolzen. Bei den Arbeitsämtern waren im September 2002 lediglich nur noch 419.844 offene Stellen bekannt, davon 349.770 im Westen und 70.074 im Osten. Etwa jedeR dritte Erwerbslose sucht schon seit mehr als 12 Monaten eine Stelle – mit schwindenden Chancen. Besonders betroffen von Erwerbslosigkeit sind Frauen in Ostdeutschland. Die Zahl der KurzarbeiterInnen lag 2001 bei 122.942.

Weitere Arbeitsplatzvernichtung ist schon angekündigt: in der Chemieindustrie, bei den Banken, in der IT-Branche, bei der Telekom… Die Privatisierung ehemals staatlicher Unternehmen trägt genauso wie die Umsetzung der „schlanken Produktion“ in privaten Großunternehmen das Ihre dazu bei.

Alle genannten Zahlen sind nur von begrenztem Erklärungswert, da insgesamt ein viel größerer Teil der arbeitenden Klasse von Arbeitslosigkeit betroffen war, ist oder demnächst sein wird. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass in der BRD derzeit etwa 12 Millionen Menschen direkte Erfahrungen mit Arbeitslosigkeit gemacht haben.

2. Arbeitslosigkeit ist mit hohen finanziellen Einbußen (etwa 50% des bisherigen Einkommens) verbunden. Millionen nicht registrierter Menschen erhalten überhaupt keine Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit.

Je länger Erwerbslosigkeit dauert, desto größer werden die finanziellen Einbußen und umso schwieriger wird es, überhaupt einen Arbeitsplatz zu finden. Selbst in den wenigen Fällen, wo Arbeitsplätze angeboten werden, sind finanzielle und sonstige Verschlechterungen die Regel.

Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen dem Ansteigen der Arbeitslosigkeit und dem Anwachsen der Armut – nicht nur in der BRD. Neben der materiellen Verarmung und dem sozialen Abstieg sind die vielfältigen durch Arbeitslosigkeit bedingten Schädigungen als nicht minder schwerwiegend anzusehen:

  • – Zunahme von Suchtkrankheiten in allen Formen (Alkohol, Tabletten, Rauschgifte…),
  • – wachsende Verbreitung psychosomatischer Krankheiten (Herzerkrankungen, Magengeschwüre, Bluthochdruck…),
  • – Verschlimmerung bereits vorhandener psychischer Störungen und
  • – steigende Selbsttötungszahlen.

Dies alles ist letztlich Ergebnis der durch Erwerbslosigkeit verschärften gesellschaftlichen Isolierung und der damit verbundenen Zerstörung des Selbstbewusstseins und der Selbstbehauptungskraft von Menschen.

3. Von den Unternehmern und der Bundesregierung wird die Arbeitslosigkeit als Waffe gegen die (Noch)-Beschäftigten benutzt.

Auch 2001 mussten die Beschäftigten bei einer durchschnittlichen Steigerung von 1,6% einen erneuten Reallohnverlust hinnehmen. Für 2002 deutet sich zwar infolge der Streiks eine Besserung an, aber für die meisten Lohnabhängigen liegt der Reallohn unter dem Niveau der frühen 80er Jahre.

Neben dem Abbau von Löhnen und Gehältern wird der Leistungsdruck in sämtlichen Bereichen vorangetrieben. Immer weniger Menschen müssen immer mehr leisten. Einschüchterung, weitere Disziplinierung und Erpressung von Belegschaften sowie wachsender Arbeitsdruck – verstärkt durch neue Formen der Arbeitsorganisation wie Teamarbeit – fördern die Zukunftsängste der Lohnabhängigen und die Entsolidarisierung.

Unternehmen und Bundesregierung nutzen die Massenarbeitslosigkeit aus, um ihre Angriffe gegen die Beschäftigten und die Gewerkschaften zu verstärken. Deregulierung (aller tariflichen sowie gesetzlichen Lohn- und Sozialstandards) sowie totale Flexibilisierung der Arbeitszeiten sind die Hauptlosungen ihrer neoliberalen, marktradikalen Propaganda. Als ein Vorbild sehen die Herrschenden die Verhältnisse auf der britischen Insel an. Dort ist nur noch die Hälfte der Arbeitsverhältnisse in irgendeiner Form tarifvertraglich geregelt. Lediglich für etwa ein Drittel der Vollzeitbeschäftigten gelten noch landesweite Einkommenstarifverträge. Der „moderne“ britische Arbeitsmarkt ähnelt einer Studie des Londoner Arbeitsministeriums zufolge immer mehr den Verhältnissen im 19. Jahrhundert.

Wenige Stunden nach seiner Vereidigung beschloss das Kabinett Schröder/Fischer die Umsetzung der „Hartz-Vorschläge“. Damit zeigte die Bundesregierung, was sie gegen Arbeitslosigkeit und deren Ursachen tun will: Nichts. Berlin dokumentiert damit aber auch, dass es ernst wird mit dem bisher bedeutendsten Angriff gegen Erwerbslose und Noch-Beschäftigte.

Bereits 1995 sind ansatzweise Pläne des Bundesarbeitsministeriums bekannt geworden, das Arbeitsförderungsgesetz marktradikalen Vorstellungen entsprechend völlig umzugestalten und das bisherige System der Arbeitslosenversicherung weitgehend zu zerstören. Hartz hat unter anderem an diesen Vorgaben angeknüpft. Sein Konzept steht für staatlich organisierte Zwangsleiharbeit, für die weitere Aushöhlung von Tarifverträgen und die Zerschlagung von staatlicher Arbeitslosenversicherung und -verwaltung.

4. Arbeitslosigkeit ist ein naturwüchsiges Resultat der kapitalistischen Produktionsweise. Periodisch auftretende Überproduktionskrisen führen zur Vernichtung von Produktivkräften. Die ständige, durch neue Technologien und Formen der Arbeitsorganisation verschärfte Ausbeutung bewirkt, dass immer weniger Arbeitskräfte immer mehr produzieren. Der ruinöse Konkurrenzkampf auf allen Ebenen hat die Ausplünderung und Ausschaltung einer wachsenden Zahl von Unternehmen auf der einen Seite und die fortschreitende Konzentration von Kapital auf der anderen Seite zur Folge. Eine wachsende Kluft öffnet sich zwischen den vergrößerten Kapazitäten zur Herstellung von Waren und der verringerten Massenkaufkraft. Diese und andere Elemente der Profitwirtschaft verursachen gesetzmäßig Massenarbeitslosigkeit.

Die bürgerliche Prop
aganda versucht – bisher erfolgreich – von den Ursachen abzulenken. Die „Ausländer“ und das Ausland, die zu hohen Löhne, die zu langen Urlaubszeiten, die zu kurzen und zu starren Arbeitszeiten, die Gewerkschaften, die zu geringen Gewinne, die Wechselkurse, die zu scharfen Umweltbestimmungen, die „Schwarzarbeiter“, die Doppelverdienerinnen – all das und noch viel mehr bildet einen scheinbar unentwirrbaren Knäuel von Pseudoerklärungen, der nur eines beweisen soll: Die Arbeitslosigkeit kann eigentlich gar nicht beseitigt werden.

Dennoch gibt es eine ganz große Koalition quer durch alle bürgerlichen Parteien, die Unternehmensverbände, Gewerkschaftsapparate und Kirchen, die nicht nur den „Solidarpakt zur Verteidigung des Standortes Deutschland“ im Zeitalter des Kasinokapitalismus und der transnationalen Konzerne auf ihre Fahnen geschrieben hat, sondern angeblich auch noch die Arbeitslosigkeit bekämpfen will. In Wirklichkeit werden damit Flexibilisierung und Deregulierung gefördert. Das radikale Infragestellen dieser Ideologie und dieser Atmosphäre des Burgfriedens, die jede wirkliche Bewegung gegen Massenarbeitslosigkeit ersticken, ist eine Voraussetzung für den Fortschritt im Kampf gegen dieses soziale Erzübel des Kapitalismus.

Der „Solidarpakt“ – sei es als „Bündnis für Arbeit“ oder als „Harz-Kommission“ – bedeutet die Verschleierung von sozialen Gegensätzen. Ein gemeinsames Interesse von Kapital und Arbeit an der Beseitigung der Arbeitslosigkeit gibt es nicht. Was den einen ein willkommenes Druckmittel, ist den anderen ein zunehmend schwereres Bleigewicht. Es muss immer wieder deutlich gemacht werden, wer Arbeitsplätze warum vernichtet – die privaten und öffentlichen Unternehmen wegen des Ziels der Profitmaximierung und der „Kostensenkung“.

Der Logik der „Verteidigung des Standortes Deutschland“ muss die Logik der Befriedigung gesellschaftlicher Bedürfnisse und der internationalen Solidarität entgegengestellt werden. Nur so können letztlich die verheerenden Auswirkungen der kapitalistischen Vernichtungskonkurrenz bekämpft und das Ausspielen eines Teils der arbeitenden Klasse gegen einen anderen verhindert werden.

5. Im internationalen Vergleich der imperialistischen Führungsmächte fällt auf, dass die tariflichen und gesetzlichen Regelungen der Arbeitswelt in der BRD – trotz der sozialpartnerschaftlichen Ausrichtung der Gewerkschaftsapparate – für die ungehemmte neoliberale Offensive der Bürgertums immer noch einen Bremsklotz darstellen.

Wenn die arbeitende Klasse allerdings nicht eine entscheidende Schwächung hinnehmen soll, müssen ihre organisierten Teile den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit endlich entschlossen aufnehmen. Entschlossener Kampf gegen Arbeitsplatzvernichtung und gegen anhaltende Massenarbeitslosigkeit kann nur heißen: Verteidigung aller Arbeitsplätze, Verkürzung der Arbeitszeit und Schaffung neuer gesellschaftlich sinnvoller und gesicherter Arbeit.

Es muss Schluss sein mit dem ständigen Abbau von Arbeitsplätzen selbst durch profitable Unternehmen. Wenn beispielweise Siemens, ein Konzern der wegen seiner Milliardenrücklagen als Bank mit Produktionsabteilung gilt, die Vernichtung tausender Arbeitsplätze durchsetzen will, dann muss dies mit allen erforderlichen Mitteln verhindert werden. Mit betrieblicher und gewerkschaftlicher Gegenwehr, aber auch mit einer politischen Initiative, die das Verbot des Arbeitsplatzabbaus zunächst in profitablen Firmen zum Ziel hat.

Gegen Personalabbau brauchen die Betriebs- oder Personalräte zudem ein Vetorecht. Das Geschäftsgeheimnis hindert die Belegschaften daran, die „Gründe“ für Entlassungen zu prüfen. Sie benötigen deshalb die Aufhebung des Geschäftsgeheimnisses und das Recht auf Einsicht in die Geschäftsbücher des Unternehmens.

Die Dauer der Arbeitswoche muss so weit verkürzt werden, bis die Arbeitslosigkeit beseitigt ist. Die Löhne und Gehälter müssen regelmäßig entsprechend der Steigerung der Lebenshaltungskosten angehoben werden. Es muss ein Mindesteinkommen für alle garantiert werden (zur Zeit etwa 800 Euro pro Person plus ortsübliche Warmmiete). Die bundesweite Durchsetzung der 35-Stundenwoche bei vollem Lohn- und Personalausgleich als ein erster Schritt würde Millionen Arbeitsplätze schaffen. Dem müsste schnell eine weitere Verkürzung auf 30 Stunden pro Arbeitswoche folgen.

Auch 2002 wurden durch Überstunden Hunderttausende Arbeitsplätze „ersetzt“. Auf der betrieblichen Ebene muss deshalb die Auseinandersetzung um den Abbau von Überstunden geführt werden. Anstelle von Mehrarbeit und Sonderschichten fordern wir die Wiedereingliederung von Erwerbslosen in die Produktion. Wenn Überstunden nicht abgewendet werden können, muss ein Freizeitausgleich mit einem dem Überstundenzuschlag entsprechenden zeitlichem Aufschlag gewährt werden. Jede Form von weiterer Flexibilisierung der Arbeitszeit im Interesse des Profits ist abzulehnen: ob Kurzarbeit oder produktionsorientierte variable Arbeitszeit. Vom Unternehmen zu verantwortende Reduzierung der Arbeitszeit darf keine Einkommenseinbußen zur Folge haben.

Im Kampf gegen Massenentlassungen und Betriebsstillegungen stellen Warnstreiks, Demonstrationen und andere Aktionen wirkungsvolle Mobilisierungsmittel, aber noch keine geeigneten Aktionsformen dar. Nur wenn der Betrieb von der Belegschaft besetzt ist, wenn die von Entlassung bedrohten Beschäftigten ihr Anrecht auf die von ihnen geschaffenen Produktionsanlagen und Produkte ankündigen, sind sie in einer Position der Stärke. Allerdings darf nicht gewartet werden, bis ein Betrieb bankrott ist. Die Besetzung muss an bestimmte Ziele gebunden sein und Unterstützung von außen erfahren. Betriebsbesetzungen gegen Standortstillegungen sollten mit der Perspektive der Verstaatlichung des Betriebes und der Wiederaufnahme der Produktion unter der Kontrolle der Belegschaft erfolgen.

Der Kampf gegen Arbeitslosigkeit ist undenkbar ohne eine entschlossene Finanzierung neuer Arbeitsplätze. Nur in Verbindung damit wird es möglich sein, die Verteilung der Arbeit auf alle Hände sicherzustellen. Der Kampf für die planmäßige Vergabe öffentlicher Arbeiten bedeutet, von den vorhandenen gesellschaftlichen Bedürfnissen und Notwendigkeiten auszugehen. Er bedeutet ferner, feste Ziele zu setzen: z.B. Neubau menschengerechter Wohnungen, Schulen und Krankenhäuser, Ausbau eines umweltfreundlichen Verkehrssystems und einer Energieversorgung, die auf regenerativen Quellen beruht. Die entsprechenden Pläne müssen unter öffentlicher Kontrolle ausgearbeitet und realisiert werden.

Im Unterschied zur gegenwärtigen Wirtschaftspolitik muss dies Auflagen für die Unternehmen zur Folge haben. Sie erhalten die jeweiligen Aufträge nur, wenn sie eine entsprechende Zahl von Arbeitslosen einstellen. Gibt es nicht genügend Menschen mit entsprechenden Qualifikationen, so sollten sie umgeschult oder weitergebildet werden. Die Belegschaften müssen die Einhaltung der Auflagen solcher öffentlichen Aufträge kontrollieren.

Bei Kurzarbeit fordern wir die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes durch die Unternehmer auf die Höhe des bisher gezahlten Entgeltes. Bei Arbeitslosigkeit treten wir für
ein unbefristetes Arbeitslosengeld ein. Die Deckung des Defizits der Bundesanstalt für Arbeit muss von den Unternehmen gesichert werden. Bis eine derartige Regelung durchgesetzt ist, muss das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit in Vorlage treten. Die Bedürftigkeitsprüfung bei Arbeitslosenhilfe muss abgeschafft werden. Die Arbeitslosenunterstützung muss im gleichen Umfang wie der Anstieg der Lebenshaltungskosten mindestens halbjährlich angehoben werden.

Statistische Betrügereien der Bundesanstalt für Arbeit gelten schon seit Jahren als normal. Mit Hartz soll zwar keine neue Arbeit geschaffen werden, dafür aber die Arbeitslosenstatistik um mindestens 500.000 Arbeitslose „erleichtert“ werden. In diesem Jahr haben nach offiziellen Angaben noch 23.400 beim Arbeitsamt gemeldete Jugendliche keine Ausbildungsstelle. Um den viel größeren Ausbildungsstellenmangel in den Griff zu bekommen, ist die Einrichtung staatlicher Ausbildungsstätten unter gewerkschaftlicher Kontrolle erforderlich. Für die Finanzierung dieser Einrichtungen müssen die Nutznießerinnen qualifizierter Arbeitskraft, die Unternehmen, aufkommen. Alle Ausgebildeten müssen in unbefristete Arbeitsverhältnisse übernommen werden.

Bevorzugt müssen die HauptverliererInnen auf dem Arbeitsmarkt eingestellt werden. Wir fordern 50% aller qualifizierten Arbeitsplätze für Frauen. Wir treten für die volle Ausschöpfung der 6%-Quote für behinderte Menschen ein – ohne die Möglichkeit des Freikaufs durch Ausgleichszahlungen der Unternehmen.

Wir lehnen die Befristung von Arbeitsverhältnissen und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ab. Leiharbeit und Arbeit auf Abruf dürfen in Zukunft nicht mehr zugelassen werden. Der §19 Arbeitsförderungsgesetz, der Menschen aus Staaten von außerhalb der EU faktisch legale Beschäftigung unmöglich macht, muss gestrichen werden.

6. Das Geld für die Verwirklichung dieser Forderungen ist da. Es muss allerdings gesellschaftlich verfügbar gemacht werden: durch die drastische Reduzierung der Militärausgaben, durch eine radikale Steuerreform, die auch die Konzerne, die Reichen und die Superreichen zur Kasse bittet, durch eine Streichung der öffentlichen Schulden, denn die Banken haben daran genug abkassiert und durch eine Nutzung der Spekulationsgelder für soziale und produktive Zwecke. Allein dadurch könnten mehrere hundert Milliarden Euro pro Jahr zur Verfügung gestellt werden.

Es ist keine Frage, dass nur durch massiven öffentlichen Druck ein weiteres Ansteigen der Arbeitslosigkeit und der von Schröder, Clement und Hartz geplante weitere Sozialabbau verhindert werden kann. Die GegnerInnen der kapitalistischen Globalisierung, die organisierten Erwerbslosen und vor allem die aktiven GewerkschafterInnen sind jetzt gefordert, die Gegenwehr gegen die Hartz-Pläne vorzubereiten.

Für die gegenwärtige Defensive tragen nicht zuletzt die sozialpartnerschaftlich ausgerichteten Gewerkschaftsführungen ihren Teil der Verantwortung. Ohne eine demokratisch kontrollierte und aktive Gewerkschaftsbewegung wird es kaum möglich sein, die Verteidigung gegen die Umverteilung von unten nach oben effektiv zu organisieren, geschweige denn in die Gegenoffensive zu gelangen. Sie ist undenkbar ohne die gleichberechtigte und uneingeschränkte Einbeziehung der Erwerbslosen in die Gewerkschaftsarbeit. Sie ist unmöglich ohne den Kampf gegen Frauenunterdrückung und Rassismus. Sie ist unvorstellbar ohne das Eintreten für eine Solidarität ohne Grenzen.

7. Für die ArbeiterInnenbewegung und die gesamte Linke stellt der Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit die entscheidende soziale Herausforderung da. Ende der 20er/ Anfang der 30er Jahre haben sie bereits bei der Beantwortung dieser Frage versagt. Die Folgen davon sind bekannt:

  • – Zerschlagung der mächtigsten organisierten ArbeiterInnenbewegung der damaligen kapitalistischen Welt durch die Nazi-Diktatur,
  • – massiver Sozial- und Lohnabbau,
  • – Terror gegen alles „Andersartige“,
  • – Aufrüstung, Krieg und millionenfache Vernichtung.

Auch wenn sich die Geschichte nicht einfach wiederholt: Die soziale Lage in der BRD hat sich unter dem Druck der Massenarbeitslosigkeit bereits stark verschlechtert. Dramatische weitere Angriffe stehen bevor. Die revolutionären SozialistInnen stellen sich der Verantwortung, ihren Beitrag zur Entwicklung der Gegenwehr zu leisten – in der Bewegung gegen die kapitalistische Globalisierung, in den Arbeitsloseninitiativen und den Gewerkschaften, in den Betrieben und im Ausbildungsbereich.

27.10.2002

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