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Linke

Kommentar zum 2. RSB-Frauentreffen 2014: „Ist Sozialismus Männersache?“

Von Linda Martens | 12.12.2014

Am 13./14. September hat in Oberhausen das 2. RSB-Frauentreffen in diesem Jahr stattgefunden. Eine der Teilnehmerinnen hat im Anschluss an dieses Treffen den folgenden Kommentar geschrieben: „Ist Sozialismus Männersache?“

Die Notwendigkeit der Selbstorganisierung von Frauen als Teil des Kampfes aller Unterdrückten gegen ein ungerechtes gesellschaftliches System ist ein zentraler Punkt im Programm des RSB. Weibliche Mitglieder haben das Recht, sich jederzeit auf allen Ebenen unserer Organisation unter sich zu treffen. Über lange Jahre hat es keine RSB-Frauentreffen gegeben. Doch die aktuelle gesellschaftliche Entwicklung, die sich auch im Funktionieren unserer Organisation widerspiegelt, hat es mit zunehmender Dringlichkeit auf die Tagesordnung gesetzt, dass Frauen dieses Recht in Anspruch nehmen.

Dass die tatsächliche Gleichstellung von Männern und Frauen in der BRD nie erreicht worden ist, ist heute weitgehend aus dem Bewusstsein verschwunden. Stattdessen gibt es einen schleichenden gesellschaftlichen Rollback.

Da die große Mehrheit der Frauen sowohl von dieser bedrohlichen Entwicklung als auch von den massiven Angriffen der Herrschenden auf die Rechte und die Errungenschaften der Lohnabhängigen betroffen ist, macht sich für sie der bislang weitgehend ausbleibende Widerstand von unten doppelt bemerkbar. Es fehlt eine kämpferische proletarische Frauenbewegung, die sich sichtbar und lautstark für Frauen- und Arbeiter­Innenrechte einsetzt.

Keine Frauenbefreiung ohne Sozialismus, kein Sozialismus ohne Befreiung der Frau – dies steht in unserem Programm. Tatsächlich haben sich nur wenige Frauen unserer oder anderen revolutionären Organisationen angeschlossen. Unter den Sozialist­Innen wird der Kampf um die Frauenbefreiung nicht von Vielen getragen.

Ist Sozialismus nun doch Männersache? Wir meinen: Nein! Wer für den Sozialismus kämpft, gleichzeitig aber Frauenunterdrückung duldet oder gar selbst praktiziert und nicht bereit ist, sein Verhalten zu ändern, wird bei allem Engagement das vorgebliche Ziel niemals erreichen können. Unabhängig davon, ob wir Viele sind oder Wenige, die entsprechend handeln – es ändert nichts an der Tatsache, dass Sozialismus weiblich sein wird – oder er wird nicht sein.

Eine verallgemeinerte und entschlossene Gegenwehr, die nötig wäre, um dem Klassenkampf von oben etwas entgegensetzen zu können, gibt es trotz der Krise in der BRD derzeit nicht. Wir Frauen wollen uns hiervon nicht entmutigen lassen oder einen Ausweg in vorgeblichen Abkürzungen suchen, die durchaus verlockende „Alternativen“ zu bieten scheinen. Anstatt den sich tatsächlich stellenden schwierigen Aufgaben auf diese Weise auszuweichen, wollen wir uns der Realität stellen.

Es gilt, mit den Kräften, die wir haben, dort, wo wir sind, zu Widerstand zu ermutigen und diesen zu fördern. Diese Arbeit ist eine langfristige, solidarische Arbeit, verankert in der Arbeiter­Innenklasse. Der Kampf für Frauenrechte und die Gleichstellung der Geschlechter kann hier kein Anhängsel, sondern muss integraler Bestandteil aller Aktivitäten sein. Damit diese Erklärung keine Floskel bleibt, bedarf es der eigenständigen Organisierung von Frauen.

Die wenigen Frauen, die bereit sind, sich unter diesen Bedingungen politisch zu engagieren, brauchen viel Mut, viel Durchsetzungs- und Durchhaltevermögen und ein dickes Fell, um an ihren Zielen festhalten zu können. Dabei bleibt selbst die dringend benötigte Unterstützung durch die Genossen zuweilen aus. Gelegentlich können Zweifel aufkommen, ob angesichts der scheinbaren Ausweglosigkeit der Situation die ganze Anstrengung und der Einsatz überhaupt einen Sinn ergeben.

Was die Kraft gibt, weiterzumachen, ist die Erfahrung, dass auch sehr wenige Menschen etwas bewegen können, wenn sie sich organisieren und innerhalb einer Gemeinschaft handeln.

Ein Blick in die jüngere Geschichte zeigt, dass scheinbare Friedhofsruhe schnell umschlagen kann in massenhaften Widerstand. Er zeigt aber auch, dass ohne bewusst organisierte Strukturen und politische Strategien die Gegenwehr nicht die nötige Kraft und Zielstrebigkeit entwickeln kann.

Wenn sich Frauen zusammenschließen und gemeinsam ihre Interessen vertreten, so entspricht die dadurch entstehende Kraft einem Mehrfachen von dem, was die Beteiligten in der Summe bewirken könnten, wenn jede für sich allein handeln würde.

Was für unser Engagement gegen die Abwälzung der Krisenlasten auf die Lohnabhängigen gilt, gilt genauso für unser Engagement gegen Frauenunterdrückung – in der Gesellschaft, innerhalb unseres politischen und privaten Umfelds und innerhalb unserer Organisation: Nur gemeinsam sind wir stark!

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