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Linke

Ist die Fusion immer noch aktuell?

Von Jakob Schäfer | 01.03.2016

Den aufmerksamen Leser­Innen von Avanti und SoZ ist nicht entgangen, dass sich die beiden Organisationen RSB und isl (internationale sozialistische Linke) vor geraumer Zeit entschlossen haben, sich zu vereinigen. Doch was ist daraus geworden?

Den aufmerksamen Leser­Innen von Avanti und SoZ ist nicht entgangen, dass sich die beiden Organisationen RSB und isl (internationale sozialistische Linke) vor geraumer Zeit entschlossen haben, sich zu vereinigen. Doch was ist daraus geworden?

Erste Gespräche zur Erörterung der Frage, ob die beiden Organisationen fusionieren können, gab es vor gut zweieinhalb Jahren. Der Ausgangspunkt war ein zweifacher, zum einen die beiderseitige Feststellung, dass wir mit getrenntem Marschieren nicht sehr weit kommen, zum anderen die Rückbesinnung auf unsere gemeinsamen Wurzeln – in der Gruppe Internationale Marxisten, deutsche Sektion der IV. Internationale – und unsere weiterhin bestehende gemeinsame Zugehörigkeit zur IV. Internationale. Die deutsche Sektion hatte sich Anfang der 1990er Jahre gespalten, was zu den beiden Organisationen RSB und isl führte.

Nicht unerheblich bei diesen Überlegungen war allerdings die Tatsache, dass wir eine bestimmte Wiederannäherung in der Politik der beiden Organisationen konstatierten. Dies betraf sowohl die Haltung zur Partei Die Linke, aber auch bei Aktivitäten zu Blockupy und dergleichen. Große Unterschiede hatte es z. B. nie bei der Arbeit im Betriebs- und Gewerkschaftsbereich gegeben (Gewerkschaftslinke, Intervention bei Tarifrunden usw.) , also dem Bereich, der strategisch für uns das wichtigste Arbeitsfeld ist.

„Volles Programm“

Vor zwei Jahren fassten dann die Konferenzen beider Organisationen die Beschlüsse, intensive Gespräche aufzunehmen, mit dem Ziel, die beiden Organisationen zu vereinigen. Es erwies sich als eine recht schwierig zu bewältigende Aufgabe, weniger wegen der in 20 Jahren unterschiedlich entwickelten „Organisationskulturen“, als deswegen, weil wir uns nicht mit all unseren Kräften auf den Fusionsprozess konzentrieren konnten. Unsere politischen Aktivitäten gingen weiter, wir konnten uns schlecht mal monatelang aus dem politischen Geschehen ausklinken.

Zur weiteren Annäherung und zur Klärung der Grundlagen und der Orientierung für die neu zu bildende gemeinsame Organisation gehörten u. a. mehrere gemeinsame Seminare wie auch die seit gut einem Jahr gemeinsam durchgeführten Leitungssitzungen. Seit Herbst sind auch mehrere gemeinsame bundesweite Flyer erstellt worden (Griechenland, TTIP, COP 21).

In Kommissionen wurden zu drei Themenbereichen Papiere erarbeitet, die die Grundlage der Vereinigung sein sollen, nämlich Entwürfe für eine programmatische Erklärung, für die Klärung unserer strategischen Vorstellungen und zum Selbstverständnis. Inzwischen gibt es auch eine erste Ausarbeitung von Entwürfen für die Regularien der gemeinsamen Organisation, also Statut usw.
 
Gemeinsame Mitgliederversammlung

Gemeinsam tagen die RSB- und die isl-Gruppen bereits seit geraumer Zeit an den Orten, wo beide vertreten sind. Am 20. 21. Februar tagte nun in Mannheim die erste gemeinsame bundesweite Mitgliederversammlung, BMV, an der auch verschiedene Gäste teilnahmen, darunter zwei Genossen der NPA (Frankreich) und zwei aus der Schweiz. Auf der BMV ging es zunächst um die Bewertung der Ereignisse in der Silvesternacht (in Köln und anderen Städten).

Ausführlich wurde von vielen Diskutant­Innen hervorgehoben, dass sexuelle Belästigung in unserer Gesellschaft ein sehr verbreitetes Phänomen ist und normalerweise schon als solches (also auch bei nicht vollzogener Vergewaltigung) strafrechtlich zu ahnden wäre.

Gleichzeitig wurde immer wieder hervorgehoben, dass dieses Verhalten mitnichten eine Besonderheit von Migranten (etwa aus islamisch geprägten Ländern) ist, auch wenn viele dieser Männer noch mehr von patriarchalem Verhalten geprägt sind als die meisten Einheimischen. Aber: Patriarchales Verhalten ist auch in christlich geprägten Gesellschaften stark verankert und führt auch hier (z. B. in Mexiko während der Fußball-WM) zu massenhaften Vergewaltigungen.

Außerdem ist noch längst nicht aufgeklärt, in welchem Umfang diese sexuellen Übergriffen an Silvester stattfanden. Manche Berichte – gerade in sozialen Netzwerken – erwiesen sich als gefälscht. Die übergroße Mehrheit der Anwesenden bezweifelte aber nicht, dass es sehr viele sexuelle Übergriffe gab. Nicht zuletzt wurde darauf hingewiesen, dass die Ereignisse in der Silvesternacht ganz massiv dazu genutzt wurden, die Änderung der Flüchtlingspolitik besser begründen zu können.

Der Schwerpunkt der BMV lag auf der Diskussion der o. g. Entwürfe, wobei sich in den Inhalten (also den politischen Grundlagen der zu gründenden Organisation) keine großen Differenzen erwiesen. Am unterschiedlichsten waren die Vorstellungen noch bei den zwei Entwürfen für einen Selbstverständnistext. Hier wurde beschlossen, die Entwürfe in nächster Zeit auf den Websites der beiden Organisationen einzustellen und die Diskussion fortzuführen.

Es gab auch jeweils zwei Entwürfe für eine programmatische Erklärung und für Strategie und Aufgaben. Hier wurde allerdings jeweils mit einem Meinungsbild und mit deutlichen Mehrheiten geklärt, welcher jeweilige Text als Grundlage für die Weiterarbeit genommen werden soll. Inhalte der jeweils anderen Texte sollen nach Möglichkeit integriert werden.

Wie weiter?

Spannend war vor allem die Frage, wann denn jetzt die Vereinigung vollzogen und die neue Organisation gegründet werden soll. Es bestand zwar Übereinstimmung, dass der allergrößte Teil des Verständigungsprozesses geschafft und auch mindestens 80 % der zu erstellenden Textentwürfe vorliegen, die eine sehr große Chance für eine breite Unterstützung haben werden. Aber beim Zeithorizont gab es zwei Vorstellungen: Die einen plädierten für den Sommer, die anderen für den Herbst. Raus kam dann folgender Beschluss:

„Die BMV vom 20./21.2.2016 appelliert an die Leitungen von isl und RSB, alles dafür zu tun, dass die Voraussetzungen für eine Vereinigungskonferenz im Herbst 2016 geschaffen sind.“

Es wird jetzt an denen, die für einen früheren Termin plädierten, liegen, die Klärung der restlichen Fragen voranzutreiben (und dafür gegebenenfalls Entwürfe oder Zusammenführungen zu erstellen), damit es eben möglichst der Frühherbst wird.

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