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Betrieb & Gewerkschaft

ICL/Giulini: Ein Jahr Proteste gegen Zerschlagung

Von F. K. | 14.01.1970

Am 28. April 2014, fast genau vor einem Jahr, hat die Belegschaft von ICL/Giulini ihre Protestaktionen gegen die Zerschlagung der Standorte Ludwigshafen und Ladenburg begonnen.

Einen Monat vorher hatte das Management die Verlagerung des „Shared Service Centers“ nach Amsterdam und die Überprüfung des Werks in Ludwigshafen angekündigt. Der Konzernumbau unter dem Schlagwort „ONE ICL“ hatte die ICL-Kolleg­Innen im Rhein-Neckar-Raum damit erstmals spürbar getroffen.

Nach der Belegschaftsversammlung am 5. Mai 2014 mit Konzernboss Stefan Borgas war klar, dass zudem die Zerschlagung des Werkes in Ludwigshafen drohte. Seitdem führen Betriebsrat und Belegschaft regelmäßig alle zwei Wochen in Ladenburg und Ludwigshafen aus Protest Toraktionen – „aktive Mittagspausen“ – durch. Inzwischen sind es 46 an der Zahl.

Auch jetzt noch kommen an beiden Standorten 100 bis 150 Kolleg­Innen vor die Werkstore, um gegen die aktuelle Konzernpolitik und für die Zukunftssicherung zu demonstrieren. Diese hartnäckigen Aktionen sind für die Geschäftsführung ein großes Ärgernis:

  • Sie stören die ICL-Umbau­strategie, weil sie deutlich machen, dass die ICL-Interessen nicht die Interessen der Belegschaft sind.
  • Sie erinnern permanent daran, dass Betriebsrat und Belegschaft Zusagen und Regelungen für die Absicherung ihrer Arbeitsplätze wollen.


Am 27. April 2015 – also zum Jahrestag der Proteste – fand in Ludwigshafen eine weitere Toraktion statt, an der sich auch eine Delegation des IG Metall-Vertrauenskörpers von Alstom Mannheim solidarisch beteiligte. Der ICL-Betriebsratsvorsitzende Georg Selinger betonte bei dieser Gelegenheit unter dem Beifall der anwesenden Kolleg­Innen:

„Es gibt mittlerweile Abteilungen, in denen zwar Personal und Erfahrung verloren gegangen sind, aber offensichtlich kurzfristig kein Personalersatz vorgesehen ist.

Dies können und wollen wir nicht akzeptieren. Wenn dem Konzern die Beschäftigten so wichtig sind, wie er behauptet, dann muss in diesen Abteilungen sofort neues Personal eingestellt werden.“

In seiner „Osterbotschaft“ hatte Konzernchef Borgas eine Verschärfung der Profitmaximierung und der konzerninternen Standortkonkurrenz angekündigt. Seine Vorgabe: maximale „Effizienzsteigerung“ jedes einzelnen Betriebs, nicht zuletzt durch die „Reduzierung der Personalkosten“.

Wie der Kollege Selinger berichtete, gehen die Streiks bei ICL in Israel, dem Konzernsitz, unterdessen unvermindert weiter. Die dort geplanten Entlassungen wurden offensichtlich vom zuständigen Gericht untersagt und zur erneuten Prüfung an eine niedrigere Instanz verwiesen.

Der Betriebsrat von ICL Ludwigshafen und Ladenburg fordert mit Unterstützung der Belegschaft nach wie vor:

  • die Absicherung aller Arbeitsplätze
  • die Beibehaltung des Chemietarifs
  • die Fortführung der betrieblichen Regelungen
  • keine Ausgliederung, kein „Outsourcing“ einzelner Bereiche.

„Solange es dies alles nicht gibt“, so Georg Selinger in seiner Ansprache an die Kolleg­Innen, „bleibt uns nichts anderes übrig, als hier weiterhin für unsere Interessen und unsere Zukunft einzutreten […]. Dafür stehen wir hier, dafür setzen wir uns mit unserer Solidarität und unseren Aktionen ein. Wir haben sicher nicht alles erreicht, was wir wollten, aber wir haben mehr erreicht als nichts.
Unsere Botschaften bleiben:

Ihr kriegt Ruhe, wenn wir wieder welche haben. Wer kämpft, kann verlieren; wer nicht kämpft, hat schon verloren.“

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