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Feminismus

Gott hat hohe Nebenkosten – Buchbesprechung

Von Sophie Wegener-Stahlschmidt | 12.05.2013

1,3 Millionen Menschen arbeiten in Deutschland für Einrichtungen der evangelischen oder der katholischen Kirche, damit sind sie der größte „Arbeitgeber“ nach dem Staat. Im sozialen Bereich beherrschen die beiden Kirchen den Markt. Auf dem Land haben sie sogar oft das Monopol.

1,3 Millionen Menschen arbeiten in Deutschland für Einrichtungen der evangelischen oder der katholischen Kirche, damit sind sie der größte „Arbeitgeber“ nach dem Staat. Im sozialen Bereich beherrschen die beiden Kirchen den Markt. Auf dem Land haben sie sogar oft das Monopol.
„Moral“
Die Angestellten dieser Einrichtungen haben weder ein Streikrecht noch das Recht, Betriebsräte zu wählen. Das Betriebsverfassungsgesetz gilt nicht für Kirchen und ihre Einrichtungen. Es gilt auch nicht das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz für „Arbeitnehmer“. So machen kirchliche Einrichtungen Religionszugehörigkeit zum Einstellungskriterium. Die katholische Kirche verpflichtet die Angestellten kirchlicher Einrichtungen darauf, ein Leben entsprechend ihrer Sexualmoral zu führen.
Verstöße wie gemeinschaftliche Wohnung mit einem neuen Lebenspartner nach einer ersten Ehe, Wiederverheiratung nach Scheidung, Zusammenleben mit einem geschiedenen Partner, eine homosexuelle Partnerschaft, positive öffentliche Äußerungen zum Thema Homosexualität, Abtreibung, künstliche Befruchtung sind Entlassungsgründe.
Staatlich finanziert zu fast 100 %
Bei in Anspruchnahme der sozialen Einrichtungen werden SchülerInnen und Kinder der eigenen Konfession bevorzugt aufgenommen. Im Jahre 2010 sind 325.000 Menschen aus den christlichen Kirchen ausgetreten. 34 % aller Deutschen bezeichnen sich als konfessionslos, unter den Menschen zwischen 20 und 30 Jahren sind nur etwa die Hälfte Mitglied einer christlichen Kirche. Die Zahl der christlichen Kindergärten, Schulen und sozialen Einrichtungen nimmt jedoch zu. 
Unbestritten von den Vertretern der Kirchen ist, dass die sozialen kirchlichen Einrichtungen zu fast 100 % mit staatlichen Mitteln oder privaten Beiträgen finanziert werden und nicht aus der Kirchensteuer.
Lohndumping
MitarbeiterInnen von evangelischen Einrichtungen unterliegen nicht den gleichen strengen Reglementierungen ihres Privatlebens. Diese Einrichtungen sind eher darauf ausgerichtet, das Kirchenrecht zum Lohndumping einzusetzen. Eva Müller berichtet über die rechtlichen Konstrukte, die kirchliche Einrichtungen derart bevorzugen, die opportunistischen Haltungen der im Bundestag vertretenen Parteien dazu, und sie beschreibt, wie Menschen mit Hilfe des Kirchenrechts und sogar öffentlicher Verfolgung und Bloßstellung gebrochen werden sollen.
Sie erzählt vom zähen Kampf der Eltern der Kinder eines katholischen Kindergartens gegen die Entlassung der Kindergartenleiterin.

Das Buch und verschiedene Fernsehreportagen haben dazu beigetragen, das Thema in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken. Die Autorin selbst ist in Folge ihrer Recherche aus der katholischen Kirche ausgetreten.

Das Buch
Eva Müller
Gott hat hohe Nebenkosten
Köln 2013
Erschienen im Verlag Kiepenheuer & Witsch

                                                                                           

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