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Betrieb & Gewerkschaft

General Electric Mannheim: GEheimgespräche oder GEgenwehr?

28.09.2016

Am 13. Januar 2016 hatte General Electric (GE) seine von Profitgier getriebenen Abbaupläne im Power-Bereich der ehemaligen ALSTOM bekannt gegeben. Gegen das Kahlschlagvorhaben von GE gab es zahlreiche Protestaktionen auf nationaler und internationaler Ebene.

Am 13. Januar 2016 hatte General Electric (GE) seine von Profitgier getriebenen Abbaupläne im Power-Bereich der ehemaligen ALSTOM bekannt gegeben. Gegen das Kahlschlagvorhaben von GE gab es zahlreiche Protestaktionen auf nationaler und internationaler Ebene.

Dennoch hat die Arbeitsplatzvernichtung in verschiedenen europäischen Ländern schon längst begonnen. Insgesamt will GE europaweit rund 6 500 Arbeitsplätze streichen – davon allein im Mannheimer Werk 1 066 Stellen.

Aufgrund der relativen gewerkschaftlichen Stärke und der Möglichkeiten, die trotz aller bekannten Schwächen das Betriebsverfassungsgesetz bietet, gestaltet sich die Angelegenheit für GE in Deutschland schwieriger.

Das GE-Management ist allerdings bisher nicht von seinen Zielvorgaben abgewichen. Im Gegenteil: Die Jünger Jack Welchs und der Diktatur der Zahlen erhöhten spürbar den Druck auf Betriebsrat und Belegschaft.

Die BR-Vorsitzende Elisabeth Möller bot auf der Mannheimer Betriebsversammlung am 13. Juni 2016 erneut den Konzernvertretern die Hand zur Suche eines gemeinsamen Lösungswegs aus dem Konflikt an. Als Antwort nahmen zunächst – wie zu erwarten war – die Provokationen von GE gegen Betriebsrat und Belegschaft zu.

Hoss und der „Schließer“

Zusätzlich zu dem schon von ALSTOM für viel Geld engagierten „Beratungsbüro“ Hoss wurde ein Manager namens Otto Aussermeier in Mannheim als Fabrikleiter eingesetzt. Sein Spitzname im Werk ist „der Schließer“ – das trifft den Nagel auf den Kopf.

Aussermeier war bereits für ALSTOM an einigen Abbauaktionen beteiligt – unter anderem am Produktionsstandort Morelia in Mexiko. Aussermeiers Status sollte auf Betreiben des Betriebsrats vor dem Arbeitsgericht geklärt werden. Mittlerweile ist er aber ins Handelsregister für die GE Power AG als Prokurist eingetragen worden.

Die Aufgabe dieses „ehrenwerten Herren“ ist es offenbar, den Betriebsrat einzuschüchtern und dessen gewerkschaftliche Hauptbasis in der Fabrik zu schwächen. GE will die Produktion schließen und unternimmt deshalb vieles, um die dortige Belegschaft zu verwirren.

Dem Vernehmen nach lehnte das GE-Management Mitte Juni 2016 zunächst den Vorschlag eines „Eckpunktepapiers“ zur Sicherung der deutschen GE-Standorte eiskalt ab. Auch die Einbindung des Bundeswirtschaftsministeriums in diese Diskussion beeindruckte GE nicht sonderlich.

Köder für Kolleg­Innen

Ende Juni 2016 hat das GE-Management dann nicht nur in Mannheim, sondern auch in anderen Werken begonnen, Köder für die Belegschaften auszulegen. Angeblich sollen Kolleg­Innen des Geburtsjahrgangs 1960 und älter besonders „großzügige“ Altersteilzeitverträge angeboten bekommen.

Offenkundiger Zweck dieses Manövers ist es, die Spaltung in der Belegschaft zu vertiefen und den Personalabbau auf „freiwilliger Basis“ unter Umgehung des Betriebsrates zu beschleunigen.

Natürlich protestierte der Konzernbetriebsrat (KBR) umgehend gegen dieses rechtswidrige Vorgehen von GE und prüfte die Einleitung rechtlicher Schritte. GE, so der KBR, müsse jetzt mit „schärfstem Widerstand“ nicht nur der Betriebsräte, sondern auch der IG Metall und der Belegschaften rechnen.

Vertrauliche Gespräche

Bald deutete sich jedoch eine taktische Wende des GE-Managements an. Am 22. Juli wurde die Mannheimer Belegschaft in einer gemeinsamen Infoveranstaltung des Betriebsrats und der Geschäftsleitung davon unterrichtet, dass nun ein „Eckpunktepapier“ unterzeichnet worden sei.

Diese Vereinbarung ist unter Beteiligung des Bundeswirtschaftsministeriums zustande gekommen und gemeinsam von IG Metall, Betriebsrat und GE-Management unterschrieben worden. Sie hatte die Bildung einer informellen paritätischen Kommission zur Folge, der jeweils fünf Vertreter­Innen beider Betriebsparteien und ein externer Moderator angehören.

Die Kommission soll bis Ende September 2016 „nachhaltige Perspektiven für die Beschäftigten“ finden. Über weitere Details und den Verlauf der Gespräche vereinbarten die Beteiligten „im Sinne einer vertrauensvollen Zusammenarbeit“ Stillschweigen und offensichtlich auch Stillhalten bezüglich weiterer Protestaktion.

Nur wer kämpft …

Ohne heftige GEgenwehr seitens der Belegschaft wird allerdings GE nicht von seinen Abbauplänen abzubringen sein. Das Ziel von GE ist nach wie vor die Zerschlagung des auch in gewerkschaftlicher Hinsicht traditionsreichen Werks in Mannheim.

Nur durch eine wohlüberlegte Strategie der gemeinsamen GEgenwehr können Entschlossenheit und wirksame Gegenmacht aufgebaut werden. Untrennbar verbunden mit einer solchen Kampfperspektive ist der Streit für alternative Produkte, einen staatlich finanzierten Schutzschirm für die Arbeits- und Ausbildungsplätze und für das Verbot von Entlassungen.

Immer noch gilt der Satz: Nur wer kämpft, kann gewinnen!

Gewerkschaften im Visier
Nicht nur Betriebsräte stehen in letzter Zeit vermehrt unter Druck. Auch Gewerkschaften müssen sich Angriffen auf ihre Existenz erwehren, jedenfalls dann, wenn sie ihre Existenzberechtigung unter Beweis stellen und auch mal dann streiken, wenn es der Gegenseite richtig wehtut.

So war in den letzten Jahren unter dem Eindruck vermehrter Solidaritätsstreiks und Streiks für Sozialtarifverträge das – ausschließlich richterrechtlich definierte – Streikrecht ein wenig erweitert worden. Offensichtlich aber will das Bundesarbeitsgericht mit seiner Entscheidung vom 26. 7. solchen Entwicklungen – zumindest wenn es um wirksame Streiks geht – einen Riegel vorschieben. Es erkannte den Schadensersatzanspruch der FAG gegen die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) als gerechtfertigt an. (Die FAG will für einen 2012 von der GdF durchgeführten Streik 5,2 Mio. € Schadensersatz haben.)

Nicht nur würde so etwas im Ausland als ein absurd anmutender Knebelungsversuch angesehen. Es ist auch in der Begründung völlig widersprüchlich und öffnet – nach dem Tarifeinheitsgesetz – Tür und Tor für weitere Einschränkungen des Streikrechts.

Mehr dazu (aber auch zur eher unrühmlichen Rolle der DGB-Gewerkschaften bei der Verteidigung des Streikrechts) führt ein Artikel aus, den wir aus Platzgründen in dieser Avanti nicht unterbringen können. Ihr könnt ihn auf unserer Website nachlesen.

Eure Redaktion

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