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Feminismus

Für die erste Reihe nicht gut genug?

Von Linda Martens | 01.03.2015

Viele Frauen haben, nicht nur im Wahlkampf, die Politik von SYRIZA unterstützt. Unter dem gegen die Lohnabhängigen in Griechenland gerichteten Verarmungs- und Entrechtungsprogramm der Troika leiden Frauen in besonderem Maße. Aufgrund der herrschenden gesellschaftlichen Arbeitsteilung sind sie die Hauptverantwortlichen für die Erfüllung der Bedürfnisse der Familie – eine derzeit kaum erfüllbare Aufgabe.

SYRIZA und ANEL haben nach ihrem Wahlsieg ein gemeinsames Kabinett gebildet, dem 15 Mitglieder angehören. Darunter ist keine einzige Frau. Damit bleibt Tsipras sogar hinter der vor­angegangenen konservativen Regierung zurück, deren Kabinett zu gut 30 Prozent weiblich war. Für die Ministerstellvertretung fand die Regierung unter dem SYRIZA-Vorsitzenden Alexis Tsipras immerhin sechs Frauen. War keine von ihnen geeignet, um in die erste Reihe zu treten? Sollten Frauen doch besser im Hintergrund bleiben, um von dort aus für die Herren die tägliche Handarbeit zu erledigen, damit mann sich ganz den wichtigen Geschäften widmen kann?

Dies ist ein Betrug an den kämpferischen Aktivistinnen, die sich für SYRIZA engagiert haben. Und es ist eine verpasste Chance für die progressiven Kräfte in Griechenland. Die Perspektive der Frauen bleibt ihren männlichen Mitstreitern zwangsläufig verborgen. Auch bei gutem Willen ist eine feministische Politik ohne Frauen unmöglich. Und ohne feministische Politik wird es keine Veränderung hin zu einer demokratischen, bedürfnisorientierten Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung geben – weder in Griechenland noch anderswo.

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