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Feminismus

Frauen-Kurzmeldungen Juli/August 2013

Von Barbara Schulz | 28.07.2013

Frauen-Kurzmeldungen Juli/August 2013

Pink und Gulabi

Pinkstinks ist eine Bewegung, die 2008 in London entstand und seitdem immer wieder auftaucht und von sich reden macht. Pink steht als Farbe für eine Kindchenkultur, die Mädchen und Frauen aufgedrückt wird. Rosa und Glitzer und Rüschen sind ja so niedlich und so weiblich.

Frauen-Kurzmeldungen Juli/August 2013

Pink und Gulabi
Pinkstinks ist eine Bewegung, die 2008 in London entstand und seitdem immer wieder auftaucht und von sich reden macht. Pink steht als Farbe für eine Kindchenkultur, die Mädchen und Frauen aufgedrückt wird. Rosa und Glitzer und Rüschen sind ja so niedlich und so weiblich.

Doch Frauen wollen sich nicht mehr reduzieren lassen auf diese vermeintliche Weiblichkeit. Dass Rosa auf kleine Mädchen anziehend wirkt, kann mensch von Müttern hören, die diese Farbe durchaus nicht schätzen.

Nun ist es nicht immer sinnvoll, sich gegenüber den Wünschen kleiner Kinder radikal zu verhalten. Aber es ist ein probates Mittel, eine Sache so zu benutzen, dass sie ins Lächerliche gezogen wird. Wer nimmt so etwas ernst: Ein T-Shirt mit dem Aufdruck: Ich bin zu hübsch für Mathematik?

Die Bewegung Gulabi in Indien benutzt die Farbe Rosa für ihre Kleidung. Sie ist 2006 entstanden und ihre Mitglieder kleiden sich in auffällig rosafarbene Saris. Gulabi ist eine „independent colour“; die Farbe wird von keiner Partei benutzt. Bilder der kämpferischen Frauen sind für uns befremdlich, rosa Saris und in den Händen Bambusstöcke. Diese Stöcke, die in ähnlicher Weise von Polizisten benutzt werden, sind wahrhaft Knüppel!

Die Gulabi Gang wurde von Sampat Pal Dari gegründet, sie ist fünffache Mutter und hat eines Tages mit anderen einen gewalttätigen Polizisten verprügelt. Die Gruppe bewegt sich in den bestehenden Strukturen und geht aber gegen Zwangsheiraten, insbesondere von Minderjährigen, gegen Vergewaltigungen, Morde, gegen alle Gewalt gegen Frauen, vor.

Sie versucht sich nicht darin, die Familienstrukturen grundsätzlich zu verändern. Das liegt wohl auch daran, dass sich trotz der Modernität, die uns etwa in der IT-Branche vermittelt wird, keine Umstrukturierung der Gesellschaft, insbesondere in den ländlichen Regionen, abzeichnet. Offiziell gibt es keine Kasten mehr, aber die Angriffe durch sexualisierte Gewalt treffen die Kastenlosen, die Dalit, besonders. Das dient auch zur Festigung der Privilegien der Höherkastigen, die damit signalisieren, wieweit ihre Macht reicht.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen destabilisiert auch die Dorfgemeinschaften, sie zeigt Frauen wie Männern ihre Hilflosigkeit. Die vielfachen kontrollierten wie unkontrollierten Ausbrüche von Gewalt muss mensch auch vor dem Hintergrund der Bevölkerungsentwicklung sehen. (Je nach Statistik weichen die Zahlen leicht ab.) Bei den unter 6-jährigen stehen 1.000 männlichen 914 weibliche Kinder gegenüber, vor 10 Jahren waren es noch 1.000 zu 927, frühere Zahlen ergeben nichts Abweichendes. Statistisch fehlen 37 Millionen Frauen!

Eine kleine Anekdote zum Schluss. Der Hinduismus ist von einer Vielzahl höchst eigenartiger Götter und Göttinnen bestimmt. So drohen Frauen übergriffigen Männern mit Kali, einer weiblichen Gottheit, die als ziemlich blutrünstig gilt.
Und Femen
Frauen protestieren nicht nur durch die Art ihrer Kleidung, sie protestieren auch mit ihrer blanken Haut und schreiben ihre Losungen auf den bloßen Oberkörper. Das ist natürlich provozierend. Nicht nur verstößt es gegen die guten Sitten, sondern verunsichert Frauen wie Männer durch die Radikalität. Sich derart zu entblößen macht auch schutzlos. Mit der Verurteilung von Frauen in Tunesien kam die Diskussion auf, ob es nicht die Solidarisierung im Lande behindert, wenn die Gesellschaft (noch) kein Verständnis dafür hat.

Vier Monate Haft sind hart für den Versuch, Solidarität mit Amina Sboui, die inhaftiert ist, weil sie ihren Oberkörper entblößt hat, zu zeigen. Dennoch wird bezweifelt, ob die Aktion die Frauenrechtlerinnen wirklich unterstützt. Nicht immer ist falsch, was auch manche von uns vertreten haben, dass man (mensch) die Menschen da abholen muss, wo sie stehen.

Aber das ist schwer!
Teilhabe
Immer wieder wird die mangelnde Gleichstellung der Frauen diskutiert, mit immer neuen Erkenntnissen. 2011 betrug die Erwerbsquote der Frauen 71%, 2001 waren es erst 61%: Großer Fortschritt – oder? Das Arbeitsvolumen der Frauen hat sich so gut wie gar nicht verändert. Also: Stagnation bei immer weniger Vollzeitstellen, Teilzeit und Geringfügigkeit sind angesagt.

Bei der viel diskutierten Teilhabe etwa bei den Aufsichtsräten der Dax-Unternehmen soll es einen beachtlichen Fortschritt geben von 13,4% Anfang 2011 auf 21,7% Anfang Juni 2013. Die Eigentümerseite stellt 44 Aufsichtsrätinnen, vordem 20, die Arbeitnehmenden stellen 62, vordem 47. Das sind also immerhin 106 Frauen! Ist das ein Fortschritt?
Kurios?
Die Universität Leipzig wird in ihrer Verfassung nur das generische Femininum (Professorin) gebrauchen. Die Juristen wollten das generische Maskulinum (Professor); Professor/Professorin fanden sie unlesbar. Der Physiker Käs schlug (nicht ganz ernst gemeint) die weibliche Form vor. Und siehe da, der Vorschlag bekam eine Mehrheit. Die Folgesitzungen haben es nicht revidi
ert.

Der Gleichstellungsbeauftragte Georg Teichert, 27, sieht das alles gelassen, insbesondere wenn er diejenigen benennt, die sich vehement, auch beleidigend dagegen wenden. Er sieht an der Uni ein großes Defizit an Frauen, im Bereich Jura gibt es nur eine einzige Professorin (FR 10.6.2013).

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