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Geschichte und Philosophie

Einsteinjahr 2005

Von Ingrid Kohlhas | 01.02.2005

Anlässlich des 100. Geburtstages der Präsentation der speziellen Relativitätstheorie und der Erfindung der Lichtquanten – besser als Photonen bekannt – durch Albert Einstein und anlässlich seines 50. Todestages feiern die Bundesregierung und zahlreiche wissenschaftliche Gesellschaften das Einsteinjahr 2005.

Die UNESCO hat das Jahr 2005 zum „World Year of Physics“ ausgerufen. Die zentralen Veranstaltungsorte sind Berlin und Potsdam, die beiden Städte, in denen Albert Einstein bis zu seiner erzwungenen Emigration in die USA fast zwei Jahrzehnte lebte. Auch für uns als radikale Linke und Revolutionärinnen und Revolutionäre ein Grund zu feiern – nur etwas anders.
Nicht nur die Relativitätstheorie und die Quantenphysik sollten noch lange Zeit die Gemüter erregen sondern auch die Person Albert Einstein. Blieb er doch zeitlebens ein Rebell, ein Radikaler und ein Zweifler, antiautoritär und respektlos, unbeeindruckt von zahllosen Anfeindungen, jemand, der voller Selbstvertrauen dem eigenen Verstand traute und sich seiner Wissenschaft und Sache völlig sicher war, bereit mit Vorurteilen zu brechen.
In diesen Punkten sah auch ein Teil der rebellischen Jugend des Nachkriegsdeutschland ihn als Vorbild an.

Werdegang

Albert Einstein, 1879 in Ulm geboren, studierte an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich. 1903 heiratete er die serbische Mathematikerin Mileva Maric. Albert Einstein und Mileva Einstein-Maric hatten zusammen zwei Söhne, Hans Albert und Eduard. Von 1909 bis 1914 war Albert Einstein Professor für Physik an den Universitäten Zürich und Prag. 1914 ging er an die preußische Akademie der Wissenschaft in Berlin. Nicht für die Begründung der Relativitätstheorie, sondern für seine Beiträge zur Quantenmechanik erhielt er 1922 den Nobelpreis. Unter dem Druck des Antisemitismus emigrierte er 1933 in die Vereinigten Staaten, wo er eine Professur am Institute for Advanced Study in Princeton, New Jersey, annahm. Dort starb er 1955.
Die ETH Zürich war die elitärste technische Hochschule außerhalb Deutschlands. Die physikalische Fakultät verfügte über Geräte im Werte von 400.000 Franken, das Gebäude hatte einen Wert von einer Million Franken. Zürich versammelte jedoch nicht nur die physikalische Elite, sondern zum Beispiel auch die Exilrevolutionärinnen und – revolutionäre Trotzki, Rosa Luxemburg , Alexandra Kollontai und später Lenin. Friedrich Adler, ein junger Physikdozent machte Albert Einstein mit dem revolutionären Sozialismus bekannt. 1916 verübt dieser ein Attentat auf den österreichischen Ministerpräsidenten. Albert Einstein zeugt für ihn vor Gericht. Friedrich Adler entgeht der Todesstrafe.

Diskussion Atombombe

Viel diskutiert in der Friedensbewegung war die Haltung von Albert Einstein zur Atombombe. Er ließ sich durch Kollegen zu einem Brief an Präsident Roosevelt bewegen, in dem die Notwendigkeit betont wurde, „Experimente im Großen anzustellen zur Untersuchung der Möglichkeit der Herstellung einer Atombombe. Ich war mir der großen Gefahr wohl bewusst, welches das Gelingen dieses Unternehmens für die Menschheit bedeutete. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass die Deutschen an demselben Problem mit Aussichten auf Erfolg arbeiten dürften, hat mich zu diesem Schritt gezwungen. Es blieb mir nichts anderes übrig, obwohl ich stets ein überzeugter Pazifist gewesen bin.“
Mit der Relativitätstheorie hatte das Atombombenprogramm der USA jedoch kaum etwas zu tun. Die Relativitätstheorie wurde 1905 entwickelt und das Atombombenprogramm lief 1939 an. Es verschlang so viele gesellschaftliche Ressourcen, dass es im Grunde nur der Wirtschaftsmacht USA möglich war, die Atombombe zu entwickeln und zu bauen.

Warum Sozialismus

Die folgende Stellungnahme zum Sozialismus erschien 1949 als Teil einer längeren Analyse in der amerikanischen Zeitschrift Monthly Review:
„Die vorherrschende Situation in einer auf privatem Besitz des Kapitals beruhenden Wirtschaft ist durch zwei Hauptprinzipien charakterisiert: Erstens, die Produktionsmittel (das Kapital) befinden sich in Privatbesitz, und die Besitzer verfügen über sie, wie sie es für richtig halten; zweitens, der Arbeitsvertrag ist frei. […] Im ganzen betrachtet unterscheidet sich die heutige Wirtschaft allerdings nicht vom „reinen“ Kapitalismus.
Die Produktion ist am Gewinn orientiert, und nicht am Nutzen. Keine Vorsorge ist getroffen, dass alle diejenigen, die fähig und willens sind zu arbeiten, auch in Zukunft stets in der Lage sein werden, einen Arbeitsplatz zu finden; ein „Heer der Arbeitslosen“ gibt es bereits. Der Arbeiter muss immer fürchten seinen Arbeitsplatz zu verlieren. Der technologische Fortschritt hat nur allzu oft größere Arbeitslosigkeit zur Folge, anstatt die allgemeine Last der Arbeit für alle zu erleichtern. Das Motiv des Profits, in Verbindung mit dem kapitalistischen Wettbewerb, ist verantwortlich für den Unsicherheitsfaktor in der Ansammlung und dem Gebrauch des Kapitals, was zu immer größeren Krisen führt.
Unbeschränkter Wettbewerb führt zu einer beträchtlichen Verschwendung der Arbeitskräfte und zu einer Verkrüppelung des sozialen Bewusstseins des Individuums. Diese Verkrüppelung des Individuums ist meiner Ansicht nach das größte Übel des Kapitalismus.
Unser gesamtes Erziehungssystem ist von diesem Übel betroffen. Eine übertriebene Wettbewerbshaltung wird dem Studenten eingeimpft, und er wird dazu erzogen, besitzergreifenden Erfolg als Vorbereitung auf seine zukünftige Karriere anzubeten.
Ich bin davon überzeugt, dass es nur einen Weg gibt, um diesem großen Übel beizukommen, und zwar durch die Errichtung einer sozialistischen Wirtschaft und die Heranbildung eines Erziehungssystems, das sich an sozialen Zielen orientiert.“1

1 Joseph Schwartz und Michael Mc Guiness, Einstein für Anfänger, Ein Sachcomic, Hamburg 1979 (sehr lesenswert und amüsant)

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