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Nein zu Hartz! Ja zum Kampf gegen Arbeitslosigkeit

Dumpinglöhne über PSA: Des Pudels Kern aus dem Hause Hartz

Von Oskar Kuhn | 06.09.2005

Hartz und kein Ende. Das Geschrei von Kapital und Opposition war groß, als die Regierung dem Veto der Gewerkschaftsbürokratie Rechnung trug und vorerst die tarifgebundene Entlohnung der Leiharbeit bei Vermittlung durch die neuen „Personal Service Agenturen“ (PSA) festschrieb.

In der Debatte zeigt sich einmal mehr wie sehr die ArbeiterInnenbewegung durch das Stillhalteabkommen der Gewerkschaftsbürokratie mit der Berliner Regierung die Hände gebunden sind. Wenn die unverblümten Angriffe von Kapital und Regierung im Namen der Hartz-Kommission ohne großen Widerstand von den Beschäftigten und Erwerbslosen hingenommen werden, dann vor allem wegen mangelnder gesellschaftlicher Gegenkonzepte. Der Vorwurf der Blockade an die Adresse der Gewerkschaften trifft doch erst deshalb zu, weil der Weg zunächst mitbeschritten worden ist, um dann auf die Bremse zu steigen.

DER JOB DES KONZERNMANAGERS

Der Lärm der Kapitalverbände und der im neoliberalen Unsinn gleichgeschalteten großen Medien ist durchaus nachvollziehbar. Die Leiharbeit, wie sie das Hartzkonzept „1 zu 1“ vertritt, ist eines der zentralen „trojanischen Pferde“ zur Zertrümmerung der bundesdeutschen Tariflandschaft. Als Wiedereingliederungschance von Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt gefeiert, dient es real keineswegs dem Abbau der Arbeitslosigkeit, sondern dem Druck auf den Tariflohn der (Noch-) Beschäftigten. Ist das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ auch vor den Weisheiten der Hartz-Kommission durch Leiharbeit vielfach unterlaufen worden, so würde es durch die derart gesetzlich bestimmte Zwischenschaltung der PSA faktisch gänzlich außer Kraft gesetzt. Der Beschäftigungseffekt wäre folgender: Ausweitung der Leiharbeit in den Betrieben auf der einen Seite, Entlassungenwellen tarifentlohnter Beschäftigter auf der anderen Seite! Unterm Strich – halten wir es einmal mehr fest – mündet die Sorge von Peter Hartz und Konsorten um die Arbeitslosen im Abbau des Tariflohnes und der entsprechenden Erhöhung der Mehrwertrate. Aber genau das ist ja auch der Job eines Konzernmanagers aus Wolfsburg!

„GEWOLLTE VIELFALT“

Das Kapital diktiert „Superminister“ Clement über die Unternehmerverbände ohne Zweifel den Auftrag, momentanen Widerstand der Gewerkschaftsführung in dieser Frage zu brechen. Ein mögliches Einfallstor ist die zukünftige Verflechtung der Arbeitskraftvermittlung mit den Gewerkschaften. Bei der Neubestimmung der Bundesanstalt für Arbeit und der Rolle der PSA kann gesetzlich verankerte engere Einflußnahme der Gewerkschaftsbürokratie wahre Wunder bewirken. Für „gestalterische“ Pöstchen werfen die Gewerkschaftsvorstände noch jede erkämpfte Errungenschaft der ArbeiterInnen-bewegung über Bord.

Die Argumente für ein Einknicken sind bekannt. „Gewollte Vielfalt“ auf dem Arbeitsmarkt hat der IG-Metall-Vorsitzende Zwickel entdeckt. Das besonders Frauen eine ihren Lebenserfordernissen und -bedürfnissen angepasste Arbeitszeit benötigen, ist hinreichend bekannt. Ebenfalls ist aber bekannt, dass die Gewerkschaftsführung den einzig dazu erfolgreichen Weg nicht recht betreten mag: Die radikale, zeitlich möglichst schnell umgesetzte Verkürzung der Arbeitszeit bei vollem Lohn- und Personalausgleich.

WIE WEITER?

Im Gegenteil, die mißlungene Umsetzung der 35-Stunden-Woche mit dem Effekt erhöhter Arbeitsdichte und –hetze hat dieses Instrument in der ArbeiterInnenklasse unpopulär gemacht. So wird die Gewerkschaftsbürokratie den umgekehrten Weg suchen. Die Phantastereien des gewerkschaftlichen Co-Managements werden sich auf die Arbeitsvermittlung ausdehnen. Da die von der IG-Metall für die Reform des Sozialstaates angedachte „Wertschöpfungsabgabe von Unternehmen entlang dem Umsatz abzüglich der Betriebsausgaben“ mit dieser Regierung nicht zu machen ist, werden ohne betrieblichen und innergewerkschaftlichen Widerstand die tarifzerstörenden Dumpinglöhne der gesetzlich geförderten Leiharbeit früher oder später kommen.

In der Bewegung gegen die kapitalistische Globalisierung wird seit geraumer Zeit das Thema Massenarbeitslosigkeit und speziell das Hartz-Papier diskutiert. Wenn es dieser Bewegung gelingt, das Thema neben den notwendigen Antikriegsmobilisierungen auf die Straße zu bringen, werden auch die innergewerkschaftlichen Kräfte gestärkt, die für eine radikale Wende eintreten. Die Gewerkschaftslinke muss sich gegenüber den Kolleginnen und Kollegen und den Millionen Arbeitslosen endlich als handlungsfähig erweisen. Über Hartz ist in deren Reihen viel Scharfsinniges geschrieben worden, allein ein mobilisierender Widerstandsfahrplan steht noch aus. Der gewerkschaftliche Apparat ist nur über solche Mobilisierungen und gegen seine Absichten zu einer Kurskorrektur zu zwingen. 

(Aus Avanti 12/2002)

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