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Dritte europäische antikapitalistische Konferenz – ein ermutigender Schritt nach vorne

Von Yvan Lemaitre | 23.10.2010

Am 16. und 17. Oktober hat in Paris die dritte europäische antikapitalistische Konferenz stattgefunden. Waren die beiden ersten von der NPA initiiert worden, so war diese dritte Konferenz von der britischen SWP organisiert worden. 22 Organisationen aus 16 Ländern waren zusammengekommen. Der Umstand, dass sie mitten in der Bewegung gegen die Rentenreform in Frankreich stattgefunden hat, unterstrich die Notwendigkeit, die Kämpfe auf europäischer Ebene zu koordinieren, und auf bescheidenerer Ebene, wie notwendig es für die AntikapitalistInnen ist, ihre eigene Intervention zu koordinieren. Das wollten die TeilnehmerInnen damit belegen, dass sie ihre Beratungen eine Zeitlang unterbrachen, um an der Demonstration in Paris teilzunehmen; dabei haben ein polnischer Genosse, einer aus dem Spanischen Staat und ein griechischer Genosse an dem Informationsstand der NPA das Wort ergriffen.

Drei Punkte standen auf der Tagesordnung der Konferenz: die Krise, ihre politischen Auswirkungen und die Widerstände der Arbeitenden; die Antworten der AntikapitalistInnen auf die Krise; unsere gemeinsamen Interventionen und Perspektiven und deren Koordinierung.

Bei dem ersten Punkt, zu dem Alex Callinicos von der SWP eine Einleitung hielt, gab es einen reichhaltigen Austausch. Ohne dass hier auf die verschiedenen Mechanismen, die bei der Entwicklung der Krise zur Wirkung kommen, eingegangen werden soll, so stellte sich eine breite Übereinstimmung heraus: Es wurde der tiefe und dauerhafte Charakter betont, und dass es sich nicht um eine schliche zyklische Episode handelt, sondern eine tiefe Wende, die der Sparpolitik ihre Bedeutung verleiht, wie sie von allen europäischen Staaten eingeleitet worden ist. Es geht um eine Infragestellung der sozialen Errungenschaften, für die es keine andere Schranke gibt als den Widerstand der abhängig Beschäftigten und derer unten. Dieser Kurs zieht eine Krise der liberalen Ideologie nach sich; die Marktwirtschaft ist weit davon entfernt, Demokratie und Fortschritt herbeizuführen, und identifiziert sich mit dem sozialen Rückschritt, begleitet von dem Aufstieg der reaktionären Ideen, wie eine neue extreme Rechte sie vertritt.

In den verschiedenen Redebeiträgen wurde die große Unterschiedlichkeit der Arbeiterwiderstände mit Beispielen belegt. Auch die paradoxen politischen Konsequenzen der Krise etwa im Spanischen Staat, wo das Schwinden des Rückhalts für die Linke an der Regierung der Rechten den Raum frei macht, trotz des Erfolgs des Generalstreiks. Neue Arbeiteraktivitäten bleiben insgesamt schwach, selbst wenn die soziale und politische Agitation in Griechenland andauert. Allgemein stellt sich für die AntikapitalistInnen die Frage, mittels einer Politik der Einheitsfront in Richtung der Einheit zu wirken und zugleich antikapitalistische Perspektiven zu vertreten, indem sie darauf hinwirken, dass die Arbeitenden selber an der Basis ihre Kämpfe leiten, ohne sich auf die Bürokratien zu verlassen, durch gelebte Demokratie in den Bewegungen. Mehrere GenossInnen unterstrichen, wie wichtig die Bewegung in Frankreich ist, auf die sich über die Reihen der politisch Organisierten hinaus hoffnungsvolle Blicke richten.

Der zweite Punkt wurde von Yvan Lemaitre eingeleitet, er ging dabei von dem Dokument "Unsere Antworten auf die Krise" aus, das für die Diskussion zum bevorstehenden Kongress der NPA vorgelegt worden ist*; dabei zeigte sich eine breite Übereinstimmung in Bezug darauf, dass nicht die Arbeitenden die Kosten der Krise zahlen sollen und dass es notwendig ist, sich der europäischen Frage kollektiv zu stellen, um diese Dimension besser in unsere Politik zu integrieren. Selbst wenn die nationale Arena der Rahmen der Klassenkämpfe bleibt, darf die europäische Dimension nicht unterschätzt werden, wie sich am 29. September in Brüssel gezeigt hat und die in der Tat sehr präsent ist. Eine Illustration hierfür ist die Diskussion um die Losung des Heraus aus dem Euro gewesen. Diese Diskussion wird in der griechischen Arbeiterbewegung massiv geführt, wo das Gefühl, dass Griechenland dem Diktat der EU und des IWF unterworfen worden ist, dieser Losung Auftrieb gibt, umso mehr als die Bewegung die Angriffe der PASOK-Regierung nicht hat aufhalten können. Das Heraus aus dem Euro erscheint als eine "mögliche" Antwort. Sie ist jedoch eine Illusion, der einzige Weg aus der Krise, die einzige Antwort liegt darin, dass die Arbeitenden sich dagegen zur Wehr setzen, dass sie die Kosten der Krise zahlen sollen, und einen Anspruch auf die Macht geltend machen, für die Nationalisierung der Banken und eine einheitliche Kreditorganisation kämpfen, also mit dem kapitalistischen Europa brechen, aber im Sinne eines Europa von unten, eines Europa der arbeitenden Menschen und der Völker. Diese Diskussion ist nicht abgeschlossen, sie steht erst am Anfang…

Dass es notwendig ist, die Diskussion über die antikapitalistischen Perspektiven zu vertiefen, war eine der hauptsächlichen Schlussfolgerungen dieser Konferenz, dieser abschließende Teil wurde von Vanina Giudicelli eingeleitet. Es geht darum, jede Gelegenheit zu nutzen, um gemeinsam zu handeln und die Existenz einer europäischen antikapitalistischen Konferenz sichtbar zu machen, so aus Anlass des Gegengipfels zu der NATO-Tagung im November in Lissabon oder bei der anstehenden Konferenz der G20 in Frankreich; es geht um gemeinsames Material oder Redebeiträge auf den Kundgebungen, es geht darum, internationalistische Solidarität bei den Kämpfen wie gegenwärtig in Frankreich zu zeigen. Es fehlt nicht an praktischen und konkreten Aufgaben. Für alle Teilnehmenden bedeutet diese dritte Konferenz in Anbetracht der Qualität der Beziehungen untereinander und der Debatten zweifelsohne einen Schritt nach vorne, und dies trotz der ungenügenden Vorbereitung. Es wurde beschlossen, zwei Konferenzen pro Jahr durchzuführen, mit dem Vorhaben, sie besser vorzubereiten. Die Frage einer besser strukturierten Koordination wurde diskutiert, das traf jedoch nicht auf die einhellige Zustimmung aller TeilnehmerInnen, und wir sind bei der Idee einer geschmeidigen Koordination geblieben. Es wurden eine Schlusserklärung und Abänderungen an dem Entwurf diskutiert, in der die wesentlichen Punkte des Ansatzes formuliert sind, der uns eint.

Yvan Lemaitre

Samstag, 23. Oktober 2010

Vertreten wa
ren: Gauche anticapitaliste (Schweiz), Izquierda anticapitalista (Spanischer Staat), LCR-SAP (Belgien), POR (Spanischer Staat), Bloco de Esquerda (Portugal), SEK (Griechenland), internationale sozialistische linke (Deutschland), En Lucha (Spanischer Staat), DSIP (Türkei), SWP (Vereinigtes Königreich), Enhedslisten – De Rød-Grønne / Red-green Alliance (Dänemark), Internationale Socialisten (Niederlande), People before Profit (Irland), SWP (Irland), OKDE Spartakos (Griechenland), Polska Partia Pracy (Polen), Sinistra critica (Italien), Mouvement pour le Socialisme (Schweiz), solidaritéS (Schweiz), Rødt (Norwegen), Socialistika Partiet (Schweden), NPA (Frankreich)

http://www.npa2009.org/content/troisieme-conference-anticapitaliste-europeenne-un-pas-en-avant-encourageant

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