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Geschichte und Philosophie

Die Wirklichkeit, das Elend selbst, ausrotten!

Von Walter Wiese | 01.12.2010

Vor 250 Jahren wurde Gracchus Babeuf geboren. Als Kommunist zählt er zu der ersten revolutionären Generation, auf die sich später auch die Dritte Internationale bezog. Seine Vorstellungen von sozialer Gleichheit gehen auf Rousseau und Mably zurück. Die Eigentumsfrage hatte er dabei schon früh als das zentrale Moment für Armut und Reichtum und politische Macht im Fokus.

Vor 250 Jahren wurde Gracchus Babeuf geboren. Als Kommunist zählt er zu der ersten revolutionären Generation, auf die sich später auch die Dritte Internationale bezog.  Seine Vorstellungen von sozialer Gleichheit gehen auf Rousseau und Mably zurück. Die Eigentumsfrage hatte er dabei schon früh als das zentrale Moment für Armut und Reichtum und politische Macht im Fokus.

Er sah sich als Vertreter der Interessen der armen und benachteiligten Menschen und legte sich gemäß seinem römischen Vorbild den Namen „Gracchus“ zu.

Babeuf wurde am 23. November 1760 geboren. Er war führend an der „Verschwörung für die Gleichheit“ beteiligt, die durch einen Aufstand der ArbeiterInnen, Handwerker und kleinen Geschäftsinhaber die herrschende Regierung – das großbürgerliche Direktorium – beseitigen sollte. Durch eine kollektive Diktatur sollte sowohl die permanent drohende Rückkehr der Monarchie und die Herrschaft der bürgerlichen Reichen verhindert als auch das „Allgemeine Glück“ (bonheur commun) gesichert werden.
Der Aufstand scheiterte, da er vor dem Losschlagen von einem eingeschleusten Agenten verraten wurde. Die führenden Personen wurden festgenommen und vor Gericht gestellt. Das Urteil für Babeuf lautete auf Todesstrafe, das am 27. Mai 1797 vollstreckt wurde.
Eigentumsfrage
Babeuf wuchs nördlich von Paris in der ländlichen Picardie auf. Dort war die Landwirtschaft von Grundeigentümern und ärmlichen Bauern geprägt. Als er im Grundbuchamt arbeitete, lernte er die Not der Bauern kennen: Zwecks Sicherung ihrer Lebens­umstände mussten sie häufig von ihrem wenigen Land zu geringem Preis Grundstücke verkaufen, um sich so für die nächste Zeit ihr Dasein zu sichern. Er lernte auch die Grundbesitzer kennen, die unbarmherzig den Verkauf vorantrieben und so ihren Grundbesitz und damit ihre ökonomische Macht vergrößerten.

Bafeuf propagierte öffentlich seine Kritik an diesen Zuständen. Dabei gewann er zwar viele einflussreiche Feinde, aber ebenso das Vertrauen eines großen Teils der wahlberechtigten Bevölkerung, die ihn nach Paris in den Konvent delegierte.
Dort, in der Stadt, sah er ähnliche Zustände: Das ausgebeutete Proletariat musste unter miserabelsten Verhältnissen arbeiten und konnte sich nur unter schwierigsten Bedingungen mit Lebensmitteln versorgen. Insbesondere die infolge Getreidehortung entstandenen hohen Brotpreise verursachten Hunger und Not. Es kam wiederholt zu Hungerrevolten.
Die Eigentumsfrage wurde für die „Partei der Gleichen“ zur zentralen „Grundfrage“ (Marx) und im „Manifest der Plebejer“ als Ausgangspunkt des politischen Programms des Proletariats formuliert.
Aufstandsversuch
Das Reich der sozialen Gleichheit sollte mittels eines exakt geplanten Aufstands beginnen. Zweck des Aufstands: Wiederherstellung der Verfassung von 1793, Freiheit, Gleichheit und das Glück aller. Die­se Verfassung wurde unter der Herrschaft der Bergpartei von Robespierre ausgearbeitet. Sie beinhaltete die Deklaration der Menschenrechte und ist vom Volk mit großer Zustimmung angenommen worden, jedoch aufgrund geänderter Machtverhältnisse nie in Kraft getreten.

Das Privateigentum galt es abzuschaffen – mit Ausnahme der Dinge des persönlichen Bedarfs. Nach Babeuf gehe es darum, „die Keime der Habgier und des Ehrgeizes“ zu zerstören.

Die Agitation war mühsam und erfolgte konspirativ und unter Repressalien über Plakatanschläge und die Zeitung „Le Tribun du Peuple ou le Défenseur des Droits de l‘Homme“ („Der Volkstribun oder der Verteidiger der Menschenrechte“). In die einzelnen Bezirke und Armeen geschickte Agitatoren gewannen neue Anhänger. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen nistete sich ein feindlicher Agent der Aristokraten bei ihnen ein und verriet sie schließlich.

Die arbeitende Bevölkerung, auf die sich die Partei der Gleichen bezog, war für dieses Projekt noch nicht „reif“. Sie war infolge der schon lang andauernden Revolution ausgepowert, litt Hunger und revoltierte wiederholt gegen ihre äußerst prekäre Situation. Aber die physischen Kräfte für einen großen Umsturz konnte sie nicht aufbringen. Sie war vorrangig an Arbeit und der Sicherung ihres ärmlichen Lebensunterhalts interessiert. Eine erfolgreiche Revolte für ihre über den Tag hinausgehenden Interessen war somit nicht möglich.

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