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Die SPD - Eine bürgerliche Partei

Der Kandidat

Von Politisches Sekretariat des RSB | 01.03.2000

Der folgende Artikel wurde in der Avanti im März 1998 veröffentlicht.

Gerhard Schröder ist der Kanzlerkandidat der SPD. Sein Erfolg ist nicht das überraschende Ergebnis einer Landtagswahl, auch wenn ihm sein Abschneiden in Niedersachsen den Weg nach oben leichter machte. Schröders Kandidatur war von langer Hand vorbereitet und von Lafontaine längst abgesegnet. Als Juso-Chef war Schröder ein Wortführer der sogenannten Antirevisionisten, d.h. jenes Flügels der SPD-Jugend, der sich als revolutionär und sozialistisch verstand, um dann seine Ideale für eine Karriere als Abgeordneter zu opfern. Als Landtagsabgeordneter galt Schröder als Hoffnungsträger der parlamentarischen SPD-Linken aus dem Frankfurter Kreis, um sich überraschend vom Fraktionsvorsitzenden und Rechtsaußen der Niedersachsen-SPD Bruhns zum Kandidaten für den Ministerpräsidenten küren zu lassen. Als Ministerpräsident forderte Schröder dienstags vor der SPD-Landtagsfraktion “tiefe Einschnitte in den Sozialstaat”, um sich am folgenden Donnerstag mit dem Firmenjet von VW-Chef Piech kostenlos zum Wiener Opernball fliegen zu lassen. Schröder ist der ideale Kanzler des Kapitals.

Die Waschmittelwerbung seiner Wahlkämpfe überdeckt die Inhalte, für die Schröder sich stark macht. Schröder steht für die Einschränkung der sozialen Errungenschaften der Arbeiterklasse, für die Privatisierung des öffentlichen Dienstes, für Steuererleichterungen und Kostensenkungen für die Unternehmer. Schröder steht für den Abbau der demokratischen Rechte, für Stammtischparolen gegen Einwanderer, für die Demontage des Asylrechts und für den Großen Lauschangriff. Schröder steht für die Europäische Union und für die Weltgeltung des imperialistischen Deutschlands, für Aufrüstung und den Einsatz der Bundeswehr im Ausland. Mit einem Satz: Schröder steht für die konsequente Fortsetzung der Politik Kohls unter dem Namen Schröder. Und hinter Schröder steht der SPD-Wirtschaftsrat mit 30 Top-Managern aus deutschen Großunternehmen.

Für viele Sozialdemokraten ist Schröder Hoffnungsträger. Den einen soll er früheren Einfluß und Wahlerfolge zurückbringen, obwohl die SPD im 5-Parteien-System eingemauert ist. Die anderen brauchen Schröder als starken Mann, mit dessen Ideologien sie als Betriebsräte und Gewerkschaftssekretäre ihre tägliche Zustimmung zu Kündigungen und Lohnabbau rechtfertigen können. Doch ihre Hoffnungen sind auf Sand gebaut. Eine Schröder-Regierung kann zwar die Gewerkschaftsbürokratie zum Stillhalten veranlassen. Aber seine neoliberale Politik, sollte er Kanzler werden, wird die SPD ins Desaster führen, die Rechtsparteien stärken und die ArbeiterInnen zur Gegenwehr zwingen.

Unter Bebel war die SPD eine Arbeiterpartei, die die Interessen der Lohnabhängigen vertrat. Unter Ebert wurde sie zur reformistischen Arbeiterpartei, die in Worten auf eine sozialistische Gesellschaft vertröstete. Nach Godesberg gab sie den Traum vom Sozialismus auf und wurde zur Partei des angeblichen sozialen Ausgleichs zwischen Arbeit und Kapital. Unter Schröder streicht die SPD ihren sozialen Anspruch und stellt die Interessen des Kapitals als allein seeligmachend für alle dar. Mit Schröder kopiert die SPD Tony Blairs “moderne” Variante des Thatcherismus und will noch bestehende gesellschaftliche Hindernisse für die schrankenlose Ausbeutung durch das Kapital “sozial verträglich” überwinden. Die SPD ist längst kein Werkzeug mehr zur Durchsetzung der Interessen der Arbeiterklasse. Die SPD ist nicht mehr sozial. Die SPD ist nicht mehr demokratisch. Wir brauchen eine neue Arbeiterpartei, die den Widerstand gegen den Kapitalismus und seine Folgen fördert und organisiert.

24.3.1998

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