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Bildung, Jugend

Bildungsstreik: Der heiße Herbst beginnt in Österreich!

Von Philipp Xanthos | 01.11.2009
Die Besetzung der Wiener Universität ist keine Aktion von wenigen Dutzend Aktivist­Innen, sondern von Tausenden aufgebrachten Studierenden. Am Donnerstagmorgen des 22.10. fand zunächst eine Kundgebung vor dem Wissenschaftsministerium und eine Sitzblockade im Hörsaalzentrum statt. Aus der aufgelösten Kundgebung entstand dann 13 Uhr die Besetzung des Audimax. Initialzündung war die Total-Besetzung und der Streik der Wiener Akademie der bildenden Künste.

Die Besetzung der Wiener Universität ist keine Aktion von wenigen Dutzend Aktivist­Innen, sondern von Tausenden aufgebrachten Studierenden. Am Donnerstagmorgen des 22.10. fand zunächst eine Kundgebung vor dem Wissenschaftsministerium und eine Sitzblockade im Hörsaalzentrum statt. Aus der aufgelösten Kundgebung entstand dann 13 Uhr die Besetzung des Audimax. Initialzündung war die Total-Besetzung und der Streik der Wiener Akademie der bildenden Künste.

Hier äußerte sich der Rektor selbst im Fernsehen wie folgt: „ … und deshalb bin ich auch sehr stolz, dass die Studierenden hier die ersten waren, die auf die Barrikaden gegangen sind und gesagt haben: ‚Das lassen wir uns nicht bieten‘“. Dies ist jedoch eher als Teil der landesweiten Deeskalationsstrategie zu werten, die die Obrigkeit fährt, um der Proteste Herr zu werden. Denn die weiteten sich aus. Am nächsten Tag folgte eine Solidaritätsbesetzung an der Uni in Graz. Eine weitere unmittelbare Folge war das Ende der Budgetverhandlungen an der Uni Linz, die um einen Monat vertagt wurden. Im zehnten Jahr des Bologna-Prozesses, d. h. der  neoliberalen Umgestaltung der europäischen Hochschullandschaft, ist die Universitätsbesetzung ein erprobtes Kampfmittel des Bildungsprotests geworden. Und die Proteste gehen immer mehr in die Breite. In Wien strömten Tausende zum Zentrum des Protests. Demonstrationen legten am Freitag den Verkehr in der österreichischen Hauptstadt teilweise lahm. Die Demonstrant­­Innen protestierten vor dem Wissenschaftsministerium von Minister Hahn (ÖVP). „Der Hahn gehört gerupft!“ rief die aufgebrachte Menge.
Forderungen
Die Forderungen der Protestierenden wurden bereits am Freitag veröffentlicht. Hierzu zählten die Gebührenfreiheit, das Ende von prekären Beschäftigungsverhältnissen an der Universität sowie die finanzielle Besserstellung der unterfinanzierten Hochschulen und die Beendigung der Zulassungsbeschränkungen. Die Solidarisierung mit dem ausgebeuteten akademischen Prekariat, das europaweit anwächst, zeigt, dass die Lebenswelt von Studierenden heute von materiellen Existenzängsten geplagt ist, nicht nur von eher abstrakten Sorgen um ein humboldtsches Bildungsideal. Die Besetzer­­Innen organisierten sich basisdemokratisch und wie bei anderen vergleichbaren Aktionen wurden die Proteste nicht von Organisationen und Verbänden gesteuert, vielmehr konnten diese nur noch ihre Unterstützung bekunden. Die Organisation des Protests ging an der „offiziellen“ Studierendenvertretung ÖH vorbei, d. h. diese war kein geeignetes Mittel, um dem Protest Ausdruck zu verleihen.

Die österreichischen Universitäten leiden in finanzieller Hinsicht auch darunter, dass Tausende von deutschen Abiturient­­Innen hierhin vor Studiengebühren und Zulassungsbeschränkungen fliehen. Dies nehmen bürgerliche österreichische Politiker­­Innen zum Anlass, um nun ebenfalls „Schutzwälle“ um „ihre“ Hochschulen zu errichten, unter dem Vorwand, sie vor der „Flut der Ausländer“ schützen zu wollen. Das zeigt schon die Notwendigkeit von internationaler Unterstützung.
Demokratisches Delegiertensystem notwendig
In der BRD gibt es gleich eine ganze Reihe von Protestterminen, zu denen das bundesweite Bildungsstreik-Bündnis aufruft (siehe Kasten). Doch das Bündnis ist in einem eher desolaten Zustand. Bei den bundesweiten Treffen werden oft stundenlange Diskussionen geführt, die für die Aktivist­­Innen politisch nicht erhellend sind, dafür aber zermürbend wirken. Da viele es mittlerweile leid sind, ständig um neue Konsense über alte Fragen ringen zu müssen, nehmen sie an den Diskussionen gar nicht mehr teil. Kleine Gruppen versuchen, das Bündnis zu dominieren oder zumindest zwei, drei Leute abzuwerben, und mag dafür die ganze Struktur zugrunde gehen. Es fehlt eine verbindliche und klare demokratische organisatorische Basis und ebenso ein demokratisches Delegiertensystem. Doch das beste Heilmittel für organisatorische Leiden ist immer noch die erfolgreiche Massenaktion. Denn Betroffene, die in Massen selbst aktiv werden, organisieren sich von sich aus schon basisdemokratisch. Der RSB lehnt es ab, soziale Bewegungen wie den Bildungsstreik instrumentalisieren zu wollen. Er unterstützt deswegen alle Bildungsproteste und vor allem jede Form der Selbstorganisation der Schüler­­Innen und Studierenden. Kommt zum Block des RSB auf der bundesweiten Demonstration gegen die Hochschulrektorenkonferenz!

 

TiPP!

17.11.09    bundesweiter Aktionstag im Rahmen der „Global week of action“
24.11.09    Demo + Aktionen zur Hochschulrektorenkonferenz in Leipzig
30.11.09    bundesweite Aktionswoche des Bildungsstreiks
10.12.09    Blockade der Kultusministerkonferenz in Bonn

 

 

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