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Feminismus

Armut ist weiblich, vor allem im Alter

Von Jakob Schäfer | 28.04.2016

Seit Jahren beträgt in Deutschland der Gender Pay Gap um die 22 %. Dies hängt zu einem großen Teil mit den unterschiedlichen Tätigkeiten zusammen (Frauen bekommen aufgrund ihrer spezifischen Erwerbsbiografie seltener die besser bezahlten Jobs angeboten), aber längst nicht nur.

Seit Jahren beträgt in Deutschland der Gender Pay Gap um die 22 %. Dies hängt zu einem großen Teil mit den unterschiedlichen Tätigkeiten zusammen (Frauen bekommen aufgrund ihrer spezifischen Erwerbsbiografie seltener die besser bezahlten Jobs angeboten), aber längst nicht nur.

Selbst bei direkt vergleichbarer oder absolut gleicher Tätigkeit bekommen sie im Schnitt 7 % geringere Entgelte als Männer. Engagierte Betriebsrätinnen und Betriebsräte können ein Lied davon singen, wie machtlos hier die Betroffenen und auch die Betriebsräte in den meisten Fällen sind.

Und hier hört die Benachteiligung noch lange nicht auf. Kristina Klenner (WSI) sowie Peter Sopp und Alexandra Wagner haben im WSI-Report Nr. 29, 2/2016  „Große Rentenlücke zwischen Männern und Frauen“ ihre Ergebnisse aus dem WSI-Gender Daten Portal vorgestellt. Dort heißt es auf Seite 2:

„Der Begriff der Rentenlücke bzw. des ‚Gender Pension Gap‘ (BMFJSJ 2015; Loose 2015) drückt analog zur Entgeltlücke bzw. dem ‚Gender Pay Gap‘ die Geschlechterungleichheit bezogen auf die Rente in konkret messbarer Form aus.“ 2014 lagen die Renten für Frauen im Schnitt bei 618 Euro, das sind noch nicht mal 60 % der Renten, die Männer bekommen. Ein Teil ihrer Renten sind Witwenrenten. Frauen haben einen um 57 % geringeren eigenen Rentenanspruch als Männer.

Auch bei Betriebsrenten

„Nur 46 Prozent der Frauen, aber 51 Prozent der Männer erwerben einen Anspruch in der betrieblichen Altersvorsorge der Privatwirtschaft.“ (S.  10) Was in dem Bericht nicht enthalten ist: Die vergleichsweise hohen Beträge vieler Betriebsrenten werden in der künftigen Rentner­Innengeneration nicht mehr erreicht werden. Im Moment wirken noch die in den „goldenen dreißig Jahren“ (1950 – 1980) gemachten Zusagen zu Betriebsrenten. Nach der AEG-Krise wurden aber ab Anfang der 1980er Jahre viele Betriebsrentensysteme in der Privatwirtschaft „geschlossen“ (neu Eingestellte bekamen diese Zusage dann nicht mehr), sodass diejenigen, die danach den Betrieb wechselten oder überhaupt erst in das Erwerbsleben einstiegen, diesen beachtlichen Teil der Alterssicherung nur in geringerer Form oder gar nicht mehr bekommen werden.

In dem Bericht wird klar festgehalten: „Frauen beziehen [mit 6 %] deutlich seltener als Männer [25 %] eine Rente, die auf einer betrieblichen Altersversorgung in der Privatwirtschaft basiert. Eine Leistung nach Zusatzversicherung im öffentlichen Dienst hingegen wird inzwischen von Frauen und Männern gleich oft bezogen.“ (S. 12) Und: „Frauen erhalten mit ca. 200 Euro deutlich niedrigere Betriebsrenten als Männer (574 Euro).“ (S. 10)

Da Neurentener­Innen ab 2020 deutlich seltener überhaupt Betriebsrenten beziehen werden, wird allein deswegen schon die Altersarmut in den Folgejahren drastisch zunehmen.

Der Bericht kommt zu dem Schluss, „dass die starke Erwerbszentriertheit und das Äquivalenzprinzip in der gesetzlichen Rentenversicherung dazu führen, dass unstete Erwerbsverläufe und Benachteiligungen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt sich auch in den Leistungen der Rentenversicherungen niederschlagen. In der großen Rentenlücke bzw. dem Gender Pension Gap widerspiegeln sich gleichzeitig und kumulativ niedrige Erwerbsbeteiligung, hohe Teilzeitraten, niedrige Entgelte, häufige und längere Erwerbsunterbrechungen sowie die Beschäftigung in nicht sozialversicherungspflichtigen Minijobs. Aus diesem Grund ist die Rentenlücke bzw. der Pension Gap auch deutlich größer als die Entgeltlücke bzw. der Gender Pay Gap, in dem sich nur einige dieser Komponenten widerspiegeln. (S. 20)

Und: „Inzwischen scheint zunehmend klar zu werden, dass das sogenannte ‚Drei-Säulenmodell‘ gescheitert ist […]. Wie in diesem Bericht gezeigt wurde, hat das ‚Drei-Säulenmodell‘ [gesetzliche, betriebliche und private Altersvorsorge] nicht nur nicht zur Reduzierung der Geschlechterunterschiede beigetragen, sondern diese werden teilweise sogar verstärkt.“ (ebenda).

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