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Linke

Adieu Mecki!

Von Heinz Jandl/Jakob Schäfer | 14.01.1970

Ein Nachruf auf unseren ex-Genossen Werner Hülsberg (8.5.1950 – 24.3.2015)

Am 12. April fand in Köln eine bewegende Trauerfeier für einen der „unsrigen“ statt. Diese Zugehörigkeit konnten zu verschiedenen Lebensabschnitten von Mecki auch verschiedene linke Familienkreise reklamieren:

Als Kind einer Düsseldorfer Arbeiterfamilie trat er – wie sein älterer Bruder – bereits im Kindesalter in die „Sozialistische Jugend Deutschlands – die Falken“ ein. Schon damals trat bei ihm ein Charakterzug hervor, den er lebenslang beibehielt: Er polarisierte. Entweder man mochte ihn spontan oder man lehnte ihn ab. Ebenso wie sein Bruder konnte er verletzend sein, wenn er als Gegenüber auf einen „angepassten Opportunisten“ oder einen „unernsten Schwätzer“ traf.

Und er hielt mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg. Er ließ die Betroffenen spüren, was er von ihnen hielt, wenn er sie „in schweren Fällen“ wie Luft behandelte.

Nur sehr selten hatte er sich in seinem Urteil geirrt: Schon als Jugendlicher im Falkenlager riet er einem späteren SPD-Fraktionsvorsitzenden seiner Heimatstadt, eine Pastorenlaufbahn zu beginnen. Das passe besser zu ihm, als das blaue Sozialistenhemd der Falken. Der gelernte Schlosser konnte auch bitterböse über die IG-Metall herziehen, deren Mitglied er war. Oft war dieser Charakterzug kaum spürbar, da er tief eingebettet war in das, was man gemeinhin eine „rheinische Frohnatur“ zu nennen pflegt. Kein politischer Termin konnte so bedeutsam sein, dass er dafür seine Teilnahme am Karneval geopfert hätte.

Aber er war mehr als die „Frohnatur“: Ebenso wie bei seinem Bruder verbarg sich ein sehr empf­indsamer menschlicher Kern in der Persönlichkeit des Genossen. Am intensivsten politisch aktiv war er während seiner Zeit in der GIM, der damaligen deutschen Sektion der IV. Internationale. Ende der 1960er Jahre stieß er in Köln dazu. 1973 wurde er Leitungsmitglied und zog 1974 als Fulltimer nach Frankfurt, wo sich damals das zentrale Büro der GIM befand. Über Jahre hinweg war er dort einer der zentralen Persönlichkeiten (zunächst lang als Betriebs- und Gewerkschaftssekretär und von 1975 – 1980 als Organisationssekretär).

Er war immer präsent, ihm war kein Termin zu viel, keine Demo zu uninteressant. Und er war es, der nach Jahren des sehr intensiven Meinungskampfes (bei der die Frage des SPD-Wahlaufrufs eine der Hauptstreitpunkte war) die Initiative für eine Überwindung der Differenzen ergriff. Er war der Hauptschreiber des damals berühmt gewordenen „blauen Rundbriefs“, einem Text, an dem Autoren der unterschiedlichen Strömungen mitwirkten, die damit einen Schritt nach vorne, raus aus dem Tendenzhickhack machten.

Auch sein Auftreten auf dem Weltkongress der IV. Internationale 1979 zeigte, dass er – lange bevor andere so weit waren – zu Kompromissen fähig war und auf andere zugehen konnte. Wenige Jahre später war er allerdings die Erfolglosigkeit der Linken leid (was er als Selbstbeschränkung der linken Szene empfand) und ging zu den Grünen, wo er jedoch politisch nie richtig Fuß fassen konnte.

Sein Leben lang blieb er – auch beruflich – der Gewerkschaftsbewegung eng verbunden. Viele gewerkschaftliche Plakate und Broschüren wurden durch sein Büro in der Kölner Innenstadt gestaltet.

Zu seiner Trauerfeier mit über 100 Gästen trafen sich Menschen aus den verschiedenen ehemals verfeindeten linken politischen Szenen der 70er: SPDler, Grüne, Trotzkisten und sogar ehem. DKP-Mitglieder. Auch ein Genosse der engl. Sektion der IV. Internationale war dabei und hielt eine Rede. Sie alle hatten diesen wertvollen Genossen schätzen gelernt.

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